Mit Kultur das Krankenhaus ertragen

■ Seit gestern läuft in „Bonnies Ranch“ ein siebentägiges Kulturprogramm für die Patienten

Reinickendorf. Wen die Umstände schon einmal dazu gezwungen haben, länger als eine Besuchsstunde im Krankenhaus zu bleiben, der weiß, daß die einzig kulturelle Abwechslung für die Patienten aus der Steckdose für das TV -Gerät kommt. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, denn von den 512 Millionen Mark im Kulturetat des Senats ist für Veranstaltungen in Krankenhäusern keine müde Mark eingeplant. Trotzdem läuft seit gestern im Garten der Karl -Bonhoeffer-Nervenklinik ein siebentägiges Programm, das Patienten, Angehörigen und allen Interessierten zeigen soll, daß es mit Kultur selbst im Krankenhaus erträglich wird.

Initiiert wurde die einmalige Veranstaltung von der Ärztekammer Berlin und dem Tempodrom. Das stellte sein kleines Zelt (Fassungsvermögen 400 Plätze) zur Verfügung, und Andreas Schroth stellte das Programm zusammen. In den „Tollen Tagen“ werden sich Kabarett (Scheinbar in der Nervenklinik), Performance („Macbeth-play„-Ensemble Opera brut Berlin), Musik, Tanz aus Simbabwe und Workshops abwechseln. Geplant war ursprünglich, eine zentrale kulturelle Anlaufstelle für alle Krankenhäuser zu schaffen, doch die dazu notwendigen Mittel wurden vom Senat nicht bewilligt.

Das kulturelle Angebot in den Westberliner Krankenhäusern beschränkt sich weitgehend auf Weihnachts- und Adventsfeiern. Nur im Urbankrankenhaus gibt's eine Kulturleiterin und einen 10.000-Mark-Etat. In den Ostberliner Krankenhäusern dagegen steht ein Betrag von 15 Mark pro Bett im Jahr zur Verfügung, in Nervenanstalten sogar 30 Mark. Davon können die psychisch Kranken ins Theater oder ins Konzert gehen. Außerdem haben die staatlich geförderten Orchester die Verpflichtung gehabt, in Krankenhäusern zu spielen. Etwas bescheidener nimmt sich dagegen das Programm für West-Berlin aus. Durch die 114 Kliniken touren zur Zeit stolze drei Unterhaltungsmusiker. Diese offiziell von der „sozialen Künstlerförderung betreuten und offiziell als „Alleinunterhalter am Krankenbett“ bezeichneten Musiker einmal in seinem Zimmer anzutreffen, dürfte für die meisten Patienten ein schöner Wunsch bleiben.

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