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Dagmar Lill: Anlauf schwierig

■ D. Lill über Faltblätter, Broschüren und Vorsätze

Gleich im ersten Satz ihrer „Bilanz“ nach halbjähriger Tätigkeit spricht Dagmar Lill, Leiterin der neugeschaffenen „Zentralstelle für die Integration zugewanderter Bürgerinnen und Bürger“, von den „nicht nur bremischen Anlaufschwierigkeiten auf den Wegen in eine multikulturelle Gesellschaft“. Sie spielt damit darauf an, daß die Einrichtung der Zentralstelle „von Teilen der Politik, Verwaltung, Medien und Öffentlichkeit skeptisch, neugierig -anwartend, aber auch ablehnend begleitet“ worden war (vgl. taz v. 1.8.90). 109 Seiten lang führt Lill in ihrer „Bilanz“ aus, womit die MitarbeiterInnen seit Februar beschäftigt sind und künftig sein werden. Mit Faltblättern, Broschüren und Informationsveranstaltungen ging es darum, „bei Deutschen Fremden ängste abzubauen“. Für AussiedlerInnen wurden z. B. Wegweiser durch bremische Behörden erstellt, für AusländerInnen zusammen mit der Gesundheitsbehörde Vokabeln und Informationen zur medizinischen Betreuung zusammengestellt. Selbsthilfegruppen und Vereine bekamen Zuschüsse für Freundschaftsfeste, Fußballturniere und Diskussionsveran

staltungen. Ausländer-, Bildungs-und Kulturzentren erhielten Mittel für Renovierung und Sachmittel.

Ein „verstärktes Bürgerengagement“ für AusländerInnen hat Frau Lill allem Fremdenhaß zum Trotz in der Vergangenheit beobachtet: „Gott sei Dank!“ Und durchaus habe sie in der Vergangenheit, etwa gegenüber dem Innensenator, eine „abweichende Position“ bezogen und in der Frage der Roma -Abschiebung „für eine humanitäre Einzelfalllösung plädiert. Was daraus wird, ist allerdings noch offen“.

Daß Integration von AusländerInnen erst funktionieren kann, wenn zumindest Wohnraum und Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, findet Frau Lill auch. Aber abseits der dafür zuständigen Ressorts könne man doch „mit freierem Kopf“ die Probleme betrachten und „Defizite benennen“. Aufgabe der Zentralstelle sei es, zu beweisen, was geht: Etwa Prototypen von Beschäftigungsinitiativen unterstützen. Wie 1990 werden im kommenden Jahr 960.000 Mark für die Integrationsbehörde zur Verfügung stehen, beschloß der Haushaltsausschuß diese Woche. S.P

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