Mehr Beratungsangebote

■ 8. Internationaler Kongreß gegen Kindesmißhandlung fordert präventive Erziehungsmaßnahmen und Familienbetreuung

Hamburg (taz) - Zum Abschluß des 8. Internationalen Kongresses über Kindesmißhandlung und Vernachlässigung, der am Donnerstag in Hamburg zu Ende gegangen ist, haben Fachleute davor gewarnt, Kindesmißhandlung zu überdramatisieren und sensationell aufzubauschen.

Bloße Skandalisierungen und die Suche nach Sündenböcken führt mit den Worten des Kongreßpräsidenten Reinhart Wolff aus Berlin nur zur Isolation und Ausgrenzung derjenigen, die auf Hilfen angewiesen sind. Strafverfolgung sei aus dieser Perspektive kein geeignetes Instrument, den Schutz von Kindern zu gewährleisten oder günstige Veränderungen im Lebenszusammenhang der Kinder zu bewirken.

Vier Tage lang debattierten rund 1.900 JuristInnen, SozialpädagogInnenen und ÄrztInnen sowie PsychologInnen aus 61 Ländern über Strategien im Kinderschutz. Im Mittelpunkt stand dabei die nachdrückliche Forderung nach „Hilfe statt Strafe“. Die KongreßteilnehmerInnen kritisierten dabei die Einführung einer sogenannten Meldepflicht nach amerikanischem Vorbild. Eine Meldepflicht Dritter würde nach Auffassung der ExpertInnen die isolierten Familien, denen Gewalt und Verelendung über den Kopf gewachsen sind, noch mehr dazu treiben, ihre familiären Verhältnisse nach außen zu verheimlichen.

Insbesondere fordern die KinderschützerInnen präventive Erziehungshilfen und gezielte Wohnungsbau- und Arbeitsförderungsprogramme für Familien mit Kindern. Das einhellige Votum der KongreßteilnehmerInnen: Flächendeckende Beratungsangebote für Familien müssen bei Haushaltsberatungen vorrangig behandelt werden. Kinder sollen auf der politischen Prioritätenliste nach vorne rücken.

Der Schutz der Kinder vor Krieg, Hunger, Ausbeutung und Rassismus wurde auf dem Kongreß nur am Rande behandelt. Solange Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland Waffen in Bürgerkriegsgebiete liefern, könne sich an der Situation beispielsweise der Kindersoldaten kaum etwas ändern, berichteten VertreterInnen internationaler Kinderschutzorganisationen.

Lisa Schönemann