Kaputt-Vereinigung des DDR-Rundfunks

■ Über den medienpolitischen Hintergrund des mißglückten Hasardeurstücks zwischen Rias und DT64 / Westsender wittern Chance, ihre Gebühren- und Werbeeinnahmen zu vergrößern

Die Hörfunk- und Fernsehsender der DDR, einst Verlautbarungsorgane des realexistierenden Sozialismus, soll möglichst schnell nach bundesdeutschem Vorbild in öffentlich -rechtliche staatsferne Anstalten umgewandelt werden. Mit dem Medienbeschluß zur Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit, der noch von der Modrow-Regierung verabschiedet wurde, war der Grundstein zur Demokratisierung gelegt. In den DDR-Sendern wurden Redakteurs- und Personalräte gebildet, zur Programmaufsicht wurden Hörfunk und Fersehräte berufen und über die Einhaltung des Medienbeschlusses wacht ein überparteilicher Medienkontrollrat. Die alten Intendanten wurden ihrer Aufgaben entbunden, neue Leiter eingesetzt. Die bislang zentralistisch organisierten Sendeanstalten, deren Sitze ausnahmslos in Berlin sind, sollten zerschlagen und in Landesrundfunkanstalten umgewandelt werden. Zu diesem Zwecke wurden schon zum 1. Juli in Mecklenburg-Vorpommern, in Brandenburg, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen fünf Landesdirektionen des Rundfunks der DDR gebildet. Fürs Fernsehen war Ähnliches vorgesehen.

Von den insgesamt 12.000 Mitarbeiter zählenden Rundfunkbetrieb wird nur ein kleiner Teil eine Anstellung in den neuen Sendern finden. Noch existieren keine Mediengesetze, denn deren Erstellung ist nach dem Föderalismusprinzip Sache der Länder, die sich erst im Oktober konstituieren. Nichtsdestotrotz haben sich schon frühzeitig westliche Medienstrategen aus den Parteien, den Sendeanstalten der ARD, des ZDF und der kommerziellen Rundfunkanbieter an der Umverteilungsdebatte beteiligt. Denn den zukünftigen ostdeutschen Sendern - wieviele es werden und wo die Standorte sein werden, ist immer noch ungewiß wird es in jedem Fall an finanziellen Mitteln fehlen.

Darum wird in den Leitungsetagen der DDR-Sender jenseits der offiziellen Rundfunküberleitungsdebatte eifrig nach Kooperationspartnern gesucht. Die Westsender wiederum sehen in der Zusammenarbeit mit ihren Ostkollegen die einmalige Chance, ihren Empfangs- und damit Gebühreneinzugsbereich zu vergrößern bei gleichzeitiger Steigerung der Werbeeinnahmen. Der bayrische Rundfunk hat zu diesem Zwecke bereits im Vorgriff auf eine endgültig Regelung mit dem Nachbar Sachsenradio verbrüdert, der hessische Rundfunk liebäugelt mit dem Thüringischen Sender und der NDR wäre an einer Eingemeindung des Mecklenburg-Funks interessiert. Und auch die westlichen Privatfunker suchen Bündnispartnern.

Was nun den Deal zwischen dem Berliner RIAS und DT64 betrifft, so ist die Situation besonders heikel, weil mit dem Fall der Mauer eigentlich der Sendeauftrag des „Rundfunk im amerikanischen Sektor“ beendet wäre und die Betreiber nun verzweifelt nach neuen Aufgaben suchen. Schon länger im Gespräch war ein Zusammengehen mit dem ZDF, eine von Intendant Drück bislang favorisierte Variante, bei der das ZDF endlich das gewünschte nationale Hörfunkstandbein bekäme. Aber auch eine „Berliner Lösung“, eine enge Zusammenarbeit im Hörfunkbereich zwischen SFB, RIAS und DDR -Hörfunksendern unter dem Dach der ARD, war bereits angedacht. Der DT64-Intendant mit der Angst vor einer großen Entlassungswelle wurde nun offenbar mit dem Versprechen der Übernahme eines Teils der Mitarbeiter durch den RIAS geködert. RIAS wiederum wollte im Vormarsch schnell medienpolitische Claims im Osten abstecken.

utho