„Grüß Gott, ich komme zu Ihnen“

■ Bayern im Wahlkampffieber/ CSU sieht sich im Lodenfrey-Outfit unterm Gipfikreiz/ Sozis: sparsam, aber schwergewichtig

München (taz) — Der Countdown läuft. „Vier Wochen, vier Tage und acht Stunden“, hat der bayerische SPD-Pressesprecher genau ausgerechnet. Dann ist es wieder soweit. Die Bayern müssen wählen. So packen die Werbeleute und Wahlkampfstrategen jetzt ihre Wundertüten aus. „Spätsommer in Südtirol. Die Bergspitzen verschwimmen im Dunst. Statt an Wein und Bauernspeck denken wir an ein Sonnenbad unterm Gipfelkreuz“, schwärmt ein unbekannter objektiver Journalist im Wahlkampfmagazin der CSU 'Löwe und Raute‘. Doch, wen trifft er denn da gleich hinterm Gipfikreiz auf der Bank vor seinem Austragshäusl? Es ist Theo, der CSU Vorsitzende selber. Den grauen Zopfmusterpullover lässig um die Schultern gehängt, strahlt er in g'wandtem Lodenfrey-Outfit mit den warmen modischen Herbsttönen um die Wette — entspannt bis in die buschigen Augenbrauen. „Herr Dr. Waigel, sogar während ihres Kurzurlaubs hier in Südtirol erhält die CSU von ihrem Parteivorsitzenden jederzeit Auskunft und Rat. Woher nehmen Sie die Kraft, praktisch ständig im Dienst zu sein?“ will der imaginäre Interviewer von Theo wissen. „An jedem Urlaubstag muß was passieren. Wenigstens ein leichter Spaziergang, so auf 1.800 Meter. Man muß raus aus der Ebene und rauf auf die Höh'“, verrät der Theo sein Geheimnis.

Daß in Bayern etwas passieren muß, das denken sich die bayerischen Sozis ja schon lange. „Die CSU hat längst den Gipfel hinter sich, jetzt beginnt für sie der Abstieg“, behauptet ihr Spitzenkandidat, Karl-Heinz Hiersemann. Und wie sich die Sozis diesen Abstieg vorstellen, zeigen sie in ihrem Wahlspot. Langsam quält sich ein Bus die asphaltierte Bergstrecke hoch, schwarze Rauchwolken kommen aus dem Auspuff, untermalt von unheilsschwangerer Begleitmusik. Plötzlich, der Busfahrer in Strickjanker und Lederhose kämpft schwitzend mit der Gangschaltung, der Bus verliert eine Radkappe und kommt knapp vorm Abgrund zum Stehen. Logisch, das mußte schiefgehen, es war nämlich ein „CSU“-Bus, der sich die Alpenstraße hochquälte. Die Leute steigen aus und siehe da ein leuchtendroter SPD-Bus biegt um die Ecke und alle, alle dürfen sie jetzt dort mitfahren. Ob die Bayern nach dieser Horrorvision endlich kapieren, daß sie „umsteigen“ sollen? Bei den vergangenen Wahlen waren es nur 27,5 Prozent, die mitmachen wollten bei den Sozis. Damals mußte ihr Spitzenkandidat, Karl-Heinz Hiersemann, um neben dem massigen Strauß wenigstens optisch an Gewicht zu gewinnen, auch noch schwergewichtig über saftige, grüne Wiesen stapfen. Diesmal verkündet er: „Grüß Gott, ich komme zu Ihnen.“ Sparsam wie die SPD ist, hat sich ihr Spitzenkandidat den Wahlslogan: „Bayern bewahren. Deutschland gestalten. Den Menschen dienen.“ gleich selbst ausgedacht. Luitgard Koch