Kein Zurück

■ Bärbel Bohley: Nicht wieder in alte Nischen

Berlin (adn) — Es sei eine Illusion zu glauben, daß es nach dem 3. Oktober nur ein Land gebe, in dem die Menschen gleich denken und fühlen. Das äußerte Bärbel Bohley in einem Gespräch mit der Zeitung 'Neues Deutschland‘ (13.09.). Für sie bestehe Deutschland aus zwei Teilen. Die Menschen hätten eine unterschiedliche Geschichte, nach wie vor würden sie damit unterschiedlich umgehen und genau so würden auch Entwicklungen sich unterschiedlich gestalten. Angesprochen auf Ziele für das kommende Jahr und anzugehende Probleme sagte die Mitbegründerin des Neuen Forums, zur Lösung von Problemen bedürfe es Bürgerbewegungen, bedürfe es „Menschen, die sich als Menschen ernst nehmen und als Bürger auf ihre Rechte pochen, die versuchen anzupacken“. Für sie sei wichtig, daß die Leute in der DDR nicht wieder in ihre Nischen verschwinden, in denen sie sich „mit ihren Lauben, mit ihren Anbauwänden und mit ihrem Trabi- Sparen“ eingerichtet hatten. „Wir haben immer gesagt, wir wollen direkte Demokratie, wir wollen von unten mitmachen, wir wollen Volksentscheid, und wir wollen Volksbefragung, wir wollen die Möglichkeit haben, eine andere politische Kultur einzubringen.“ Bürger seien viel kompetenter als Politiker, weil sie ihr Leben direkt gestalten würden.

Als Mitbesetzerin der ehemaligen Stasi-Zentrale in Ost-Berlin verwies Bärbel Bohley in dem Zeitungsgespräch auf die „erlebbare Solidarität“, die „quer durch die Parteien“ gehe. „Gut, daß nicht eine Partei versucht, Wahlkampf daraus zu machen. Man kann sich an diesem Punkt sogar mit der DSU verbünden.“ Frau Bohley bedauerte, daß die PDS die Besetzer-Aktion nicht als Chance nutze, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. „Wenn es um Brot und Soziales geht, da bekommt man leicht eine Demonstration von 70.000 Mann zusammen. Nur wenn es es um die Aufarbeitung der eigenen Geschichte geht, da sind es wirklich nur einzelne PDS-Mitglieder, die sagen, ja, wir dürfen die Akten nicht vernichten, und wir müssen wirklich herausbekommen, was da passiert ist“, sagte Bärbel Bohley.