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Industrie will SERO stützen

■ In Bonn wird über Zukunft des Recyclingsystems der DDR entschieden

Berlin (taz) — Möglicherweise gibt es in Bonn schon heute eine Vorentscheidung über die Zukunft des sogenannten Sekundärrohstoff-Erfassungssystems (SERO) in der (Noch-) DDR. Bei einem heutigen Treffen der Umweltminister Töpfer und Steinberg in der Bundeshauptstadt werden nicht von ungefähr auch Vertreter der bundesdeutschen Verpackungsmittelindustrie mit am Tisch sitzen. Die Industrielobby hat sich bereit erklärt, Geld zum vorläufigen Erhalt der SERO-Annahmestellen zu geben, so der Kenntnisstand der Sprecherin des Steinberg-Ministeriums, Monika Litwin: Die Verpackungsmittelproduzenten hätten sich bereit erklärt, das SERO-System zunächst mit 350 Millionen Mark vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Nächstes Jahr soll dieselbe Summe für die Erneuerung des gesamten SERO-Fuhrparks und der Recyclinganlagen spendiert werden. Hintergrund: Der DDR-Umweltminister habe dem Handel angedroht, für Wegwerfverpackungen von Getränken ab 0,2 bis zwei Liter ein 50-Pfennig-Pfand zu verordnen — ausgenommen nur die Milchumhüllungen. Gleichfalls zum Termin 1. Oktober habe Steinberg die BRD-Verpackungsmittelproduzenten und die westlichen Handelsketten auch zur Rücknahme des Einwegmülls verpflichten wollen. Inzwischen lägen Offerten von Coca-Cola-Vertriebsmanagern, der Tengelmann-Einzelhandelsgruppe und Blechdosenherstellern vor, auf Mehrwegverpackungen umzusteigen. Diese Angebote sind nach Auffassung der Steinberg-Sprecherin bisher „nur Absichtserklärungen“. Bei dem heutigen Termin in Bonn gelte es, die Angebote zusammenzubinden und „in Sack und Tüten“ zu bringen.

Weiter habe der DDR-Umweltminister Steinberg den SERO-Beschäftigten zugesagt, daß bei der langfristig geplanten Umstellung auf ein duales Abfallsystem nach bundesdeutschem Muster mit Recyling- Containern an den Straßenecken ihre Arbeitsplätze erhalten bleiben. Zur Stützung und Stabilisierung der SERO-Annahmestellen für Altstoffe beschloß Steinberg, aus dem DDR- Staatshaushalt im Monat September letzmalig einen Subventionsbetrag von 20 Millionen Mark lockerzumachen. Die Sprecherin: „Es bleibt aber dabei, daß die SERO-Annahmestellen den Bürgern kein Geld mehr für abgegebende Wertstoffe zahlen.“ Das sei „nicht unbedingt ersprießlich“, meinte dazu auf Anfrage die Geschäftsführerin der SERO-Recycling-GmbH, Ingrid Holldorf. Zwar sei der Steinberg- Befehl „noch nicht das Ende von SERO“, zweifellos würden jetzt jedoch mehr recyclebare Wertstoffe auf der Müllhalde landen. thok

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