Kristallisations-Technik gegen Gülle

■ Bremer Wissenschaft: Verfahren für umweltfreundliche Wasser -Entsorgung

Wer hat ihn nicht schon einmal genossen, den gefriergetrockneten, löslichen Bohnenkaffee? Durch ein spezielles pysikalisches Verfahren wird das Kaffeewasser gefroren und von den festen Bestandteilen unseres Zivilisationstrunks getrennt. Ergebnis: runde gleichmäßige Kaffeeflocken. Fachleute nennen diesen komplizierten „Gefriertrocknungsprozeß“ Lösungskristallisation. Auch andere Produkte verschiedener Kristallisations- Technologien umgeben uns tagtäglich. Einige Beispiele dafür sind Farbstoffe, Düngemittel, Zucker oder 100prozentige Fruchtsaft-Getränke.

Workshop industrielle Kristallisation

Dennoch: Die Möglichkeiten und Vorteile dieses Verfahrens wurden bislang völlig unterschätzt. Auch umweltbewußten Bürgern blieb verborgen, daß man mit Kristallisation auch Entsorgungsprobleme lösen kann.

Um die breite praktische Anwendung in diesem Forschungsgebiet zu diskutieren, trafen sich am Mittwoch und Donnerstag 60 führende WissenschaftlerInnen aus aller Welt zum „Ersten Bremer Internationalen Workshop der Industriellen Kristallisation“ (BIWIC). Vorgestellt wurden dabei unter anderem die Forschungsergebnisse einer wissenschaftlichen Bremer Arbeitsgruppe um Joachim Ulrich. Hochagressive Abwässer, das ist ihr Schwerpunktthema. In verschiedenen Laboren des Fachbereichs Produktionstechnik testen die WissenschaftlerInnen Möglichkeiten, wie Problemabwässer aus der metallverarbeitenden Industrie, der Landwirtschaft (Gülle) oder Schlachthöfen sich in ihre Einzelbestandteile trennen und somit leichter entsorgen lassen.

Die Verfeinerung und breite Anwendung dieser Methode hat ökologisch viele Vorteile. Bisher bereitete die Endsorgung all dieser Abwässer durch Destillations- bzw. Extraktionsverfahren einen erheblichen Energieaufwand und dementsprechend hohe Kosten. Diese Kosten veringern sich bei der Anwendung von Kristallisations-Verfahren auf etwa ein Viertel. Ein weiterer Pluspunkt: Die so gewonnenen trockenen, konzentrierten Schadstoffe, nun vom Umfang her wesentlich geringer, können gezielter und mit geringerem Aufwand weiterverarbeitet und entsorgt werden. Dritter Vorteil: Abwasser und Abluftprobleme (die durch die beim Destillationsverfahren entstehenden Gase) entfallen. „Früher, als man diese Technik in nur ganz begrenztem Maße einsetzte, spielten Energiefragen praktisch keine Rolle“, erklärte Ulrich den relativen Rückstand seines Forschungsgebietes. Jetzt, wo sich immer mehr umweltpolitische Gesichtspunkte durchsetzen, hofft er, daß es es „endlich zu einer größeren Verbreitung dieser Verfahrensweise kommen wird“. bz