Milde Urteile für Geldwäscher

Viereinhalb Jahre für die Gebrüder Magharian/ Nur ein Bruchteil der gewaschenen Drogen-Dollar wird konfisziert, sie kommen als reiche Männer aus dem Knast  ■ Von Thomas Scheuer

Bellinzona (taz) — Mit einem allgemein als milde empfundenen Urteil ging am Donnerstag abend in Bellinzona (Kanton Tessin) der erste Strafprozeß im Zusammenhang mit der größten bisher bekannt gewordenen Geldwäscher-Affäre der Schweiz, der sogenannten Libanon-Connection, zu Ende: Zu jeweils viereinhalb Jahren Zuchthaus verurteilte ein Geschworenengericht die beiden libanesischen Geldhändler Jean und Barkev Magharian.

Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Zuchthaus verlangt. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Zwar konnten den beiden Angeklagten im Laufe des Verfahrens dubiose Geldgeschäfte in Milliardenhöhe nachgewiesen werden; da jedoch zum Tatzeitpunkt Geldwäscherei als solche in der Schweiz nicht strafbar war — ein hastig entworfenes Gesetz trat erst zum 1. August dieses Jahres in Kraft —, konnte das Gericht die Magharians nach dem Betäubungsmittelgesetz (Höchststrafe: 20 Jahre) nur für jene Geldsummen belangen, die zweifelsfrei zur Finanzierung des Drogenhandels dienten.

Dies hielt das Gericht im Falle von 32 Millionen Dollar für erwiesen, welche die vor zwei Jahren verhafteten Gebrüder aus den USA über Zürcher Großbanken auf Konten des Medellin-Kartells in Panama transferiert hatten.

Dabei habe es sich eindeutig um Narco-Dollar aus dem kolumbianischen Kokainhandel gehandelt, was die Angeklagten auch gewußt hätten. Hinsichtlich der viel umfangreicheren Geldschiebereien für einschlägig bekannte Hintermänner aus der Türkei und Nahost kam das Gericht dagegen mangels Beweisen zu keinem Schuldspruch. Deshalb werden die Magharians nach ihrem Zuchthausaufenthalt auch nicht darben müssen: Von den fünf Millionen Franken, die auf ihren Schweizer Konten blockiert sind, werden laut Urteil nur 85.000, die nachweislich aus dem Drogenhandel stammen, eingezogen. Dazu kommt noch eine Geldstrafe von lumpigen 50.000 Franken. Bleiben den Schiebern unter dem Strich satte 4.865.000 Fränkli.

Kommentatoren äußerten bereits die Befürchtung, dieser Urteilstarif könne von den Fahndern als Dämpfer für ihre weiteren Ermittlungen und Verfahren im Zusammenhang mit der Libanon-Connection empfunden werden. Über die Affäre war vor eineinhalb Jahren gar Justizministerin Elisabeth Kopp gestürzt.

Getreu dem Werbeslogan „Sag's doch schnell per Telefon“ hatte sie per Diensttelefon ihren Ehegatten vor den polizeilichen Ermittlungen gegen die Geldhandelsfirma Shakarchi, mit der die Magharians häufig zusammenarbeiteten, gewarnt — worauf Ehemann Hans schleunigst sein Mandat als Verwaltungsrats-Vizepräsident dieser Firma niederlegte.