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Walesa will Präsidentenamt

Warschau (ap) — Der polnische Arbeiterführer Lech Walesa hat gestern in Danzig bekanntgegeben, daß er für das Amt des Staatspräsidenten kandidieren wird. Der Solidarność- Vorsitzende hatte seit einem Jahr immer wieder angedeutet, daß er ins Rennen um die Nachfolge des gegenwärtigen Staatschefs Wojciech Jaruzelski gehen könnte. Jetzt aber wird mit der Kandidatur ernst gemacht. Walesa kann sich Chancen ausrechnen: Erst am Sonntag forderten ihn über 100.000 Arbeiter in Tschenstochau zur Kandidatur auf.

In einer von der Gewerkschhaft Solidarność verbreiteten Erklärung sagte Walesa gestern: „Heute habe ich mich entschlossen. Ich lege der Gesellschaft meine Bereitschaft zur Zustimmung vor, als Kandidat für das Amt des Staatspräsidenten der polnischen Republik in einer Direktwahl anzutreten. Für mich ist es die Erfüllung eines Versprechens, das ich im August 1980 gegeben habe.“ Vor zehn Jahren war die Solidarność als erste unabhängige Gewerkschaft im Ostblock gegründet worden.

Walesa hatte in jüngster Zeit mehrfach gesagt, ihm gehe es mit den Reformen in Polen zu langsam voran. Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki und seiner Regierung seien Schuld an dem langsamen Tempo, weil noch zu viele Repräsentanten des alten Systems in Schlüsselstellen von Regierung und Industrie säßen. Letzte Woche hatte Walesa geäußert, er sorge sich nicht um seinen Wahlsieg, sondern nur darum, wie hoch er ausfallen wird.

Der Termin des Rücktritts Jaruzelskis und der Neuwahl ist vermutlich das Hauptthema auf einer Konferenz, zu der der polnische Primas Kardinal Josef Glemp für heute eingeladen hat. Teilnehmen werden dem Vernehmen nach auch Mazowiecki, Jaruzelski und die Führer der wichtigsten im Parlament vertretenen Kräfte.

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