Verbrechen lohnt sich!

Daß der schon reichlich angestaubte Werbespruch der Polizei: „Verbrechen lohnt sich nicht!“ eine glatte Lüge war und ist, dürfte jedem klar sein, der Zeitung liest oder sich die Abendnachrichten im Fernsehen anschaut. Drogen, Waffen und Giftgas sind ganz hervorragende Handelsobjekte und versprechen jederzeit Riesengewinne. Vor Strafverfolgung brauchen sich die Hersteller und Vertreiber von Massenvernichtungs-Produkten nicht zu fürchten. Je größer das Verbrechen, desto kleiner das Risiko.

Jetzt hat sich ein cleverer New Yorker Unternehmer daran gemacht, auch die kleinen Verbrechen gewinnträchtig zu vermarkten. Das Sicherheitsunternehmen „Guardian Group“ ist in eine Marktlücke eingedrungen, die von der wachsenden Angst der Bürger vor Verbrechen profitiert. Stephen d'Andrelli, ein ehemaliger Cop, ist Präsident der Firma. Seine Gewinne steigen genauso unaufhaltsam wie die Kriminalitätsrate. Der 40jährige weigert sich zwar, seine Geschäftszahlen offenzulegen, die in die Millionen Dollar gehen dürften, aber er gibt jährliche Umsatzzuwächse von mehr als 20 Prozent und Waffenverkäufe überall in die USA und ins Ausland zu. Seine jüngste Kreation ist das kugelsichere Junior-Outfit, das rechtzeitig zum Schulanfang auf den Markt kam. Die schützende Modekleidung ist für 300 bis 500 Dollar zu haben. Dank dem widerstandsfähigen Material Kevlar, das er doppelt unter Jeansjacken oder Anoraks verbirgt, ist seine Firma in der Lage, kugelsichere T-Shirts, graue Westen für Diplomaten und sogar einen geschoßabweisenden Zobelmantel für 80.000 Dollar anzubieten. Zu den Accessoires zählen kugelsichere Mützen, Regenschirme oder eine Aktentasche, die sich in einen Schild verwandeln läßt. Sehr beliebt sind auch die Damenhandtaschen und die Schulranzen mit Spezialhalterung für Pistole. Denn „es reicht nicht, sich zu schützen“, meint d'Andrelli, „man muß auch zurückschlagen können.“ Seine Firma bietet daher Schußwaffen aller Art an, kümmert sich um die Beschaffung des Waffenscheins und veranstaltet Schießkurse. D'Andrelli, ausgebildeter Kriminologe und Mitglied der Handelskammer von New York, sieht darin nichts Illegales. Im Gegenteil, er fordert „mehr Waffen“ für ehrbare Leute, die Höchststrafe für rückfällige Verbrecher, wieder die Todesstrafe für Mörder und einen zusätzlichen unbezahlten Arbeitstag für alle Polizisten, auf daß sein Geschäft mit der Angst blühen und gedeihen möge. Karl Wegmann