Kohl-Museum soll ostlerfrei werden

■ Mitarbeiter des Museums für Deutsche Geschichte bekamen gestern ihre Entlassung per Aushang mitgeteilt/ Der Betriebsrat wurde aufgelöst

Ost-Berlin. Historische Entscheidungen gibt es im Museum am Schwarzen Brett: An diesem wurde den rund 180 Angestellten des Museums für Deutsche Geschichte im Zeughaus Unter den Linden gestern mitgeteilt, daß sie fast alle kurzfristig entlassen werden. Wie Christoph Stölzl, der als Direktor des Deutschen Historischen Museums ab 3. Oktober auch Chef des letzte Woche übergebenen DDR-Geschichtsinstituts wird, per Aushang ankündigte, sollen »Mitarbeiter, deren zukünftige Mitarbeit am DHM nicht bis zum 3.10.1990 geklärt werden kann, das Haus verlassen«. Die unter 50jährigen erhielten ab nächster Woche noch sechs Monate lang 70 Prozent des Lohnes, die über 50jährigen neun Monate lang. Hoffnung auf einen auf drei Monate befristeten Vertrag bis Jahresende können sich Mitarbeiter machen, »die zur Fortführung des Museumsbetriebes oder zur endgültigen Abwicklung der Dienstgeschäfte« benötigt werden. Ende Oktober sollen diejenigen informiert werden, »die zur Bewerbung auf eine Dauerstelle eingeladen werden«.

Eine Angehörige des ebenfalls anläßlich der Übergabe des ehemaligen Ulbricht-Hauses an das Kohl-Museum aufgelösten Betriebsrates bezeichnete dieses Vorgehen des neuen Herren gegenüber der taz als vom »Toleranzverständnis eines Deutschen in Südwestafrika während der Kolonialzeit« geprägt. Vermittelt würde sogar, »daß wir nichts anderes verdient haben«. Die ganze Art der Übergabe zeige ausgerechnet bei einem liberalen Historiker keinerlei Verantwortungsgefühl. Nicht nur, daß höchstwahrscheinlich alle 80 wissenschaftlichen Mitarbeiter nächste Woche auf der Straße stünden und gerade mal die Pförtner, Hausmeister, Elektriker, Aufsichtspersonal und einige Personen, die sich in den Beständen auskennen, übernommen würden. Auch das Sozialpaket des Ex-Betriebsrates sei abgeschmettert worden, die Mitarbeiter stünden jetzt ganz ohne Interessenvertretung da, und schließlich sei auch noch der im Dezember demokratisch gewählte »Medienrat« aufgelöst worden. Dieses Gremium war eingerichtet worden, damit die verschiedenen Standpunkte der Museumsmitarbeiter in der Öffentlichkeit vertreten werden können. Mittlerweile befehle aber wiederum ein Aushang, daß Medien nur nach Absprache mit der neuen Leitung informiert werden dürfen. Das ehemalige Betriebsratsmitglied zur taz: »Zu allem kommt auch noch der Maulkorb.«

Während der neue Direktor kurz vor der Übernahme Anfang September noch von der Zusammenarbeit zweier »gleichberechtigter Partner« gesprochen habe, sei nunmehr nur noch von der Überführung der Räume und der Bestände des ehemaligen MfDG in das im Aufbau befindliche DHM die Rede. Alle Arbeitsgruppen zu Sonderausstellungs- und neuen Strukturkonzepten für das Museum sind entsprechend aufgelöst worden, alle Ausstellungsvorhaben storniert. »Stölzl braucht ein leeres Haus. Dem geht es nur um die Räume und um die Bestände, nicht um die Personen.« Beim Deutschen Historischen Museum war gestern niemand mehr zu einer Stellungnahme zu erreichen. grr