“Ich hab' immer nachgegeben“

■ Friederike und Joachim Hinz feierten heute –Eiserne Hochzeit'

Schon auf der Straße hört man Lachen, Stimmengewirr und Stühlerücken. Die Fenster im ersten Stock der Adam-Stegerwald- Straße 20 sind nur angelehnt. Auf dem Treppenhaus überholen sich Blumensträuße und GratulantInnen: Der Pastor von nebenan, den hier niemand mit Namen kennt, Richard von Weizsäckers Glückwunschbrief und Bürgermeister Klaus Wedemeiers Gratulationsurkunde, per Hostess. Aber auch Kinder, Enkel, Urenkel und FreundInnen von Friederike und Joachim Hinz wollen sich das große Ereignis nicht entgehen lassen: Hochzeit wird gefeiert und dazu noch eiserne.

Wie man das schafft, 65 Jahre miteinander verheiratet zu sein? „Einer muß sich dem anderen anpassen“, lautet das Rezept, das einfach und doch so schwer zu machen ist. Kennengelernt haben sich die beiden Brautleute, heute 85 und 87 Jahre alt, beim Turnerball im Tanzlokal. Schwachhauser Ecke Horner Heerstraße gings damals sontaglich hoch her. Und war's denn gleich die große Liebe? „Nein“, erinnert sich Frau Hinz, vor Aufregung hat sie rote Flecken im Gesicht. „Kann der denn überhaupt tanzen, denke ich so als er auf mich zukommt.“ Sie kichert jungmädchenhaft. Er konnte und gewann so das Herz von Friedericke, damals knapp 21 Jahre alt.

Ein Jahr später wurde geheiratete, „so war das damals eben“. In den ersten Ehejahren haben Friederike und Joachim viel gefeiert, aber auch später liebten sie Geselligkeit. „Mein Mann konnte so schön singen“, schwärmt sie. „Jetzt kann er ja nicht mehr so wie früher, aber heute, wo wir Hochzeit feiern, muß er sich eben mal zusammenreißen.“

Schuhmacher hat er gelernt und „einmal hast du doch bei den Orthopädischen Werken gearbeitet nich'?“ Er versteht nicht gleich. „Die Orto-pä-dischen Werke!“, sie hebt die Stimme. „Wissen Sie mein Mann hört schwer“. Später hat Joachim Hinz als Pförtner angefangen, und dabei ist es dann auch bis zur Rente geblieben.

An der Front ist er nicht gewesen. Als er einberufen wurde, ist er einfach ausgerissen und hat sich von Bekannten „so eine Freistellung“ organisiert. „Einmal warst du doch auch in Düsseldorf nich'?“ Fragender Blick. „In Düs-sel-dorf“. „Ja,ja.“

Und gab es auch schlechte Zeiten in ihrer Ehe? „Eigentlich nicht, wir haben immer gearbeitet und hatten einen großen Garten, und da gab's ne Menge zu tun, nich' Joachim?“ „Ja, ja.“ „Wir hatten viele Gemeinsamkeiten“. Was denn zum Beispiel? Sonntags, wenn er Fußball spielte, war sie dabei mit den Kindern. Was dem einen gefiel, machte auch die andere, versichert Friederike Hinz. So sind sie seit 1951 viel gereist. Eigene Hobbys? „Eigentlich nicht, ich hatte ja genug mit den Kindern zu tun und hab dann auch viel genäht.“ Wenn man jung ist, müsse man doch arbeiten, findet sie. „Wissen Sie, was meine Schwiegermutter immer sagte, wenn sie mir altes Zeug von anderen Leuten brachte? 'Du kanst ut Schiet Rosinen maken–“, sie kichert wieder. „Und so haben wir das Leben hingekriegt“.

Keine einzige Krise? „Nein. Wir haben immer gearbeitet. Besonders im Garten gab's viel zu tun, nich' Joachim?“ „Ja, ja.“ Wie man das macht? Friedericke Hinz überlegt eine Sekunde. „Ich hab immer nachgegeben, ich weiß auch nicht.“

bz