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SPD: Beratung muß sein

SozialdemokratInnen legen „Vorstellungen“ zu einem Gesetzentwurf zur Abtreibung vor/ Ohne Bescheinigung über Beratung macht Arzt sich strafbar/ Programm kostet 5 bis 10 Milliarden Mark  ■ Von Ferdos Forudastan

Berlin (taz) — Alle Schwangeren und damit auch solche, die abtreiben wollen, müssen sich beraten lassen. Dies gehört zu den Vorstellungen der SPD West und Ost für einen Gesetzentwurf „zum besseren Schutz werdenden Lebens und der Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs“, die die SozialdemokratInnen gestern während des Parteitages in Berlin darlegten. ÄrztInnen, die einen Abbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen vornehmen, ohne daß vorher eine mündliche und schriftliche Beratung über „finanzielle, wirtschaftliche, soziale, familiäre Hilfen und Rechtsansprüche für Mutter und Kind“ stattgefunden hat, machen sich danach strafbar. Nach der zwölften Schwangerschaftswoche soll der Eingriff nur noch zulässig sein, wenn „nach ärztlicher Erkenntnis der Abbruch angezeigt ist, um eine erste Gefahr für das Leben der Schwangeren oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung ihres körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes abzuwenden“. Dies entspricht der Formulierung im Paragraph 218a, 2. Die Schwangere soll nach den Vorstellungen der SozialdemokratInnen „generell straflos“ bleiben.

Noch in dieser Legislaturperiode soll der Bundestag einen entsprechenden Gesetzentwurf in erster Lesung diskutieren. Einbringen wollen ihn die SozialdemokratInnen als fraktionsübergreifenden Antrag zusammen mit FDP-Abgeordneten. Sie hoffen aber auch auf Unterstützung von CDUlerinnen und grünen Frauen. Der Presse beschied die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Renate Schmidt gestern in Berlin, sie glaube, der Gesetzentwurf werde mit vielen Stimmen von SPD/FDP/Günen und den hinzukommenden Volkskammerabgeordneten eine „gute, satte Mehrheit“ bekommen. Dieses Ergebnis werde einen „positiven Druck“ auf die abschließende Beratung im nächsten, neuen Bundestag ausüben.

Außer Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch soll der Gesetzentwurf nach Vorstellungen der SozialdemokratInnen noch drei Hauptpunkte enthalten. Sie sollen gewähren, daß die Sexualerziehung verbessert wird; die Bundesländer werden zur Sicherung von Beratungsstellen angehalten. Enthalten ist weiter ein 20-Punkte-Programm für „Hilfen und Verbesserungen der Lage von Kindern, Müttern und Familien“.

„Es wird sehr teuer werden“, sagte Renate Schmidt zu der Frage, wieviel die Umsetzung des Entwurfes kosten würde. Fünf bis zehn Milliarden Mark hat die SPD West und Ost veranschlagt. Renate Schmidt kommentierte die Kostenfrage so: „Wenn es um Leben und Menschenwürde geht, sollte uns das nicht zu teuer sein.“ Überdies würden dadurch die Kosten für die Mutter- Kind-Stiftungen entfallen.

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