RAF: Massa enteignet

■ RAF-Brief: Nichts mit der Hafenstraße zu tun DOKUMENTATION

So, jetzt liegen angeblich unsere Aktionspläne in der Hafenstraße, mehr noch, wir hätten dort unsere „Kommandozentrale“:

—den Aktenkoffer, den wir Braunmühl abgenommen haben, den sollen wir mal schnell in der Kiefernstraße abgestellt haben;

—Pläne für unsere Aktionen kamen von unseren Genossinnen und Genossen, die im Knast in der Isolation gefoltert werden;

und und und — die Liste dieser Staatsschutzlügen ließe sich endlos fortsetzen.

In die neuen großdeutschen Weltmachtspläne passen 20 Jahre bewaffnete Politik genausowenig wie die Existenz selbstbestimmter Lebensräume — um so weniger, als nach dieser langen Zeit einfach klar ist, daß Widerstand hier seine Begründung in der gesellschaftlichen Realität hat, daß es immer wieder und immer mehr Menschen gibt, die mit diesem System, in dem Geld und Macht alles, dagegen die Menschen, ihre Würde und Moral ein Dreck sind, ein für allemal Schluß machen wollen.

Deswegen soll der Hafen weg, und weil der Hamburger Senat das nicht schnell genug durchzieht, hat es die Bundesanwaltschaft in die Hand genommen und natürlich sollen da wieder einmal wir als Begründung herhalten. Wir sagen gegen diese Lüge: es gab und gibt keine Pläne von uns in der Hafenstraße, noch gibt es „legale“ Mitglieder der RAF — weder im Hafen, noch gibt es die überhaupt.

Die RAF ist eine bewaffnet kämpfende Gruppe, die aus der Illegalität operiert, also alle, die heute in der RAF kämpfen, sind illegal, und das war zu keiner Zeit anders. Diese Tatsache ist den Staatssicherheitsbehörden bekannt — auch wenn sie von sich sagen, daß sie nicht viel über uns wissen, was stimmt....

Der Angriff gegen den Hafen soll aber auch als „Schlag gegen die RAF“ präsentiert werden, weil national wie international der Druck auf den Staatsschutzapparat wächst, endlich Erfolge gegen uns vorzuweisen, nachdem sie seit der Verhaftung von Eva Haule 1986 niemanden mehr von uns gekriegt haben.

Nach diesem Muster lief schon die Verhaftung von Ute Hladki und Holger Deilke, die nach unserem Angriff auf Herrhausen als „Fahndungserfolg“ gegen uns verkauft worden ist, obwohl der Staatsschutz von Anfang an wußte, daß die beiden nicht in der RAF waren. Und um das auch mal klarzustellen: die beiden haben niemanden und nichts für uns ausgecheckt.

Unsere Aktionen planen und führen wir von Anfang bis Ende selbst durch. Die Staatsschutzkonstruktionen, nach denen wir unsere „Knechte“ für die „Dreckarbeit“ hätten, sollen zum einen die Kriminalisierung von Leuten aus dem Widerstand, die legal leben, propagandistisch abstützen: und sie sollen suggerieren, daß es auch hier nicht anders läuft, als im System selbst, nämlich daß es Chefs gibt und Befehlsempfänger, daß das Bedürfnis von vielen, daß Menschen frei und selbstbestimmt zusammenleben, nirgends — auch im revolutionären Kampf nicht — zu realisieren ist...

Da wo wir wirklich waren, halten sie die Tatsachen zurück, wenn es ins politische Kalkül paßt. Über die lange geplanten Verhaftungen von Ex-Militanten in der DDR sollte wieder einmal der angebliche Endsieg über uns gefeiert werden; da paßte es natürlich überhaupt nicht, daß wir einige Tage vor der Verhaftungswelle dort die Pfingsteinnahmen aus dem Massa-Markt bei Duisburg enteignet hatten (der ganze Ablauf war so, daß das BKA sofort bescheid wußte).

Karl-Heinz Gerum und Corinna Kammermeier sind nicht bei uns, weil sie das nicht wollen und wir wollen das auch nicht. Wir haben lange überlegt, ob wir überhaupt öffentlich darüber reden, weil es nicht unser Bier ist, BKA- Fahndungslisten zu kommentieren. Wir haben uns dafür entschieden, zu einem Ausschnitt was zu sagen, weil wir nicht wollen, daß über die falschen Orientierungen, die seit langem in die Szene gepusht werden, Genossinen und Genossen für Jahre im Knast verschwinden. Das Kalkül der haargenauen öffentlichen Beschreibungen der angeblichen Organisationsmethoden in Verbindung mit der RAF-Fahndung gegen die beiden ist, solche Methoden als „unsere“ in die Diskussion zu bringen. Aber was da als Möglichkeiten illegaler Organisierung behauptet wird, geht nicht!

...Das Niveau, das die Geheimdienste heute haben, ist viel höher und die ganzen Veröffentlichungen haben den Zweck, diejenigen, die es noch nicht besser wissen, und die anfangen sich so zu organisieren, daß der Apparat nichts mitkriegen soll, auf falsche Kriterien zu bringen. Die Leute sollen an der langen Leine des VS laufen, der die Informationen über sie sammelt, um dann zuzuschlagen, wenns politisch gebraucht wird.

Gegen den Sprung der westeuropäischen Bestie unseren Sprung im Aufbau revolutionärer Gegenmacht

Die tatsächlichen Beziehungen zwischen Menschen, die den revolutionären Prozeß hier organisieren, haben mit dem ganzen Dreck, den die Staatsschutzlügen behaupten, nichts zu tun. Natürlich haben wir Kontakte zu Leuten aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen, weil wir die Diskussion mit vielen wollen und brauchen, denn alle, die den revolutionären Prozeß hier weiterbringen wollen, müssen die Situationen und die Prozesse der Linken und im Widerstand überhaupt genau verstehen. Und außerdem geht es für uns darum, mit Genossen und Genossinen, die in anderen Kämpfen drin stecken und deren Zielvorstellungen sich mit unseren decken, darüber zu diskutieren, wie wir zusammen zu größerer Kraft und Stärke kommen können. Rote Armee Fraktion, 24.9.90