■ NOCH 3381 TAGE BIS ZUM JAHR 2000 ...
: Griechische Schildkröten

Wer in Griechenland ein Haus bauen will, kann das ohne Schwierigkeiten tun. Zwar brauchen auch die Griechen eine Baugenehmigung, aber darum schert sich kein Mensch. Die Häuser werden nachts hochgezogen und die Behörden vor vollendete Tatsachen gestellt. Man zahlt eine geringe Strafe und die Sache ist erledigt. Eine Abbruchgenehmigung ist äußerst schwierig zu kriegen. Ein großer Teil des modernen Athen enstand so, und diese Schnellbauweise ist auch dafür verantwortlich, daß die griechische Metropole heute eine der häßlichsten Hauptstädte Europas ist. Besonders gerne bauen die Griechen ihre wunderschönen Inseln zu. Dabei gehen sie nicht besonders zimperlich vor. Wälder und Naturschutzgebiete werden abgefackelt. Große Teile der einst grünen nordgriechischen Insel Thassos sehen heute aus wie Mondlandschaften. Alles Bauland!

Auf der Insel Zakynthos werden die Baulöwen in ihrem Drang nach Bettenburgen seit einiger Zeit von aufrechten Tierschützern gebremst. Die Ökologen sorgen sich um die Brutplätze der Meeresschildkröten auf der Insel. Doch der Einsatz der Tierfreunde ist inzwischen lebensgefährlich geworden. Die Aktionsgemeinschaft Artenschutz teilte letzten Donnerstag mit, einer ihrer Mitarbeiter sei mit einem Schädelbasis- und einem doppelten Kieferbruch in ein Kölner Krankenhaus (das Personal der griechischen Kliniken streikt) eingeliefert worden. Die offizielle Unglücksursache lautet „Steinschlag“. Die Artenschützer sprechen dagegen von einem Mordversuch. Auch die Wissenschaftlerin Lili Kornaraki, Mitarbeiterin der griechischen „Turtle Protection Society“, erlitt einen mysteriösen Unfall. Ferner sind zwei weitere Helfer des „Turtle“-Projekts von Schlägertrupps krankenhausreif geschlagen worden.

So in die öffentliche Schußlinie geraten, verfielen die Landbesitzer auf Zakynthos, die unbedingt ein paar Betonklötze in die Brutplätze der Schildkröten pflanzen wollen, auf eine subtilere Methode. Sie gründeten ihren eigenen „Verein zum Schutze der Meeresschildkröten“. Auf diese Weise wollen sie die „Turtle“-Fighter aus Athen loswerden. Die Warnschilder an den Stränden sind schon entfernt worden, und die Landbesitzer bemühen sich darum, die Gelder der EG, die diese für den Schutz der bedrohten Tiere bereitgestellt hat, einzusacken. Sie würden dann später wahrscheinlich für den Ausbau der Touristenanlage mißbraucht, mutmaßt die „Turtle Society“. Karl Wegmann