Sanierungsbremser aus dem Westen

■ Besetzte Häuser in der Rigaer Straße: Verhandlungen um Mietverträge und Sanierung kommen nicht voran/ Wohnungsbaugesellschaft will eigenen Sanierungsträger durchsetzen/ Mendiburu ist sauer

Friedrichshain. Gestern baten die Besetzer der Häuser Rigaer Straße 83, 95 und 103 zur Pressekonferenz. Der Verhandlungsmarathon zwischen Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (WBF) und den Besetzern ist längst zum Leerlauf verkommen. Immer deutlicher wird, daß die WBF, die in Personalunion von den Geschäftsführern der Westberliner landeseigenen GSW geleitet wird, kein Interesse am schnellstmöglichen Vertragsabschluß hat. Bereits am 9. August war zwischen GSW/WBF, Bezirksbürgermeister Mendiburu und den Besetzern in mündlicher Absprache vereinbart worden, daß es zu Vertragsabschlüssen in den nächsten Wochen kommen könnte. Getragen wurde diese Vereinbarung auch vom GSW/WBF- Geschäftsführer Duvigneau. Danach aber passierte nichts mehr.

Reagiert wurde erst, als Mendiburu in einem Brief seine »tiefe Empörung« und sein Unverständnis über die Verschleppung der Verhandlungen seitens der GSW/WBF zum Ausdruck brachte. Zwar meldete sich die Gesellschaft daraufhin wieder zum Thema, legte aber unzumutbare Mietverträge vor und brach schon vereinbarte Zusagen. Die Besetzer sollten sich zwar ihren Sanierungsträger aussuchen, was sie auch taten — doch der paßte nun der GSW/WBF plötzlich nicht. Die Wahl war auf das Westberliner Sozialpädagogische Institut (SPI) und den Architekten Laurisch gefallen. Die GSW/WBF schickte nun ihrerseits die Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung mbH (BSM) ins Rennen.

Am 29. August standen Vertreter von BSM, GSW/WBF und eines Ingenieurbüros vor der Rigaer Straße 83, um das Haus zu begehen. Teilweise war ihnen aber nicht einmal bekannt, daß das Haus besetzt ist.

Bezirksbürgermeister Mendiburu verlangt nun von der GSW/WBF, ihre Hinhaltetaktik unverzüglich aufzugeben, um mit den drei besetzten Häusern in der Rigaer Straße endlich zu Vertragsabschlüssen zu kommen. Ansonsten will er sich nächste Woche in einem persönlichen Gespräch mit Oberbürgermeister Schwierzina dafür einsetzen. Wenn die Verträge abgeschlossen werden, könnten sofort 3 Millionen Mark zur dringenden Winterfestmachung an die besetzten Friedrichshainer Häuser gehen.

Warum die GSW/WBF so stark auf der Verhandlungsbremse steht, darüber wird munter gerätselt. Eigentlich müßte die Wohnungsgesellschaft glücklich sein, daß einige ihrer Bruchbuden für sie zum Nulltarif in Selbstinitiative wieder hergerichtet werden. Hinter dem Beschluß, statt eines selbstgewählten Sanierungsträgers die BSM den Besetzern vorzuschreiben, wird allgemein »Vetternwirtschaft« vermutet. Schließlich werden bei der Sanierung Millionenaufträge vergeben. Torsten Preuß