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Schmuddelseite

■ betr.: "Richard von Weizsäcker mit seinem Engagement für die Rüstung konfrontiert", "Schatten auf Weizsäckers Weste", taz vom 9.10.90

betr.: „Richard von Weizsäcker mit seinem Engagement für die Rüstung konfrontiert“, „Schatten auf Weizsäckers Weste“,

taz vom 9.10.90

Ich danke Euch, daß Ihr mit Eurem Artikel auch mal wieder auf die Schmuddelseite des ach so feinen Präsidenten hinweist, der ja von der „Gemeinsamkeit der Demokraten“ bis hin zu den Grünen geradezu irgendwo im Himmel gewähnt wird. Er, der sich so gerne zu den „weisen alten Männer“ zählt, sich nicht entblödete zu Bölls Beerdigung zu gehen, den er wenige Jahre vorher noch als geistigen Terroristen bezeichnete, unter dessen Verantwortung als Regierender („Telefonierender“) in Berlin mindestens zwei Menschen durch Polizeiwaffen umgekommen sind (Rattay und der Sechzehnjährige, der von dem Bullen Rosentreter erschossen wurde). Der feine Herr buhlte zu jener Zeit in Bonn und bereitete sich für Höheres vor.

Sei's drum, diesen Präsidenten, auf den die gemeinen Demokraten nichts kommen lassen — wir haben ihn verdient, denn er verkörpert ja nur in übermäßiger Deutlichkeit das, was uns Deutschen so geläufig ist: Die Frage nach dem „Wie wir wurden was wir sind“, ist nicht von Bedeutung, Hauptsache wir sind wieder wer. Uwe Müller, Stuttgart

[...] Zu Recht wird gefordert, Stasi- Mitarbeitern Abgeordnetenmandate und Regierungsämter zu entziehen, da sie erpreßbar sind durch ihre einstigen Seilschaften. Wer für eine bestimmte Industrie tätig war und dort dunkle Geschäfte mitmachte, der ist aber ebenso erpreßbar. Der kann gezwungen werden, seinen einstigen Komplizen Sonderrechte einzuräumen und wird davon absehen müssen, das höchste Staatsamt unparteilich zu führen. [...] Natürlich muß ein Staatspräsident auch leben und Geld verdienen, bevor er Staatspräsident wird. Wo aber? In einer Schule oder Hochschule oder einem Staatsamt — es wäre wohl das beste. Diktatoren mit Waffen beliefert zu haben, die dann die eigenen Landsleute kidnappen, ist wohl ein starkes Stück.

Arbeitsplätze sichern durch Rüstung — wenn nur so Arbeitsplätze gesichert werden, dann ist das Ende der Menschheit wohl nahe. Dabei kann man sich wohl kaum der Illusion hingeben, als ob nun niemals mehr Waffen produziert werden müßten. Die Konflikte in der Welt, vor allem in der Dritten Welt, zwingen Europa zu einem bestimmten Maß an Verteidigungsbereitschaft. Aber Waffen sollten nicht Geschäftsobjekt sein, sondern die unter größter Verantwortung gewahrten Garantien der Sicherheit.

Weiße Haare, joviales Auftreten, feierliches Gerede — wie oft ließen sich die Deutschen blenden. Auch Honecker und Mittag wirkten durch ihre würdige Alterserscheinung, und lange Zeit wagte niemand ihnen entgegenzutreten. [...] Ist Regierung eine Angelegenheit, in die sich kein normaler anständiger Mensch hineingetraut, weil ihm Machtstreben und Sendungsbewußtsein fehlen? [...] Dr.Gottfried Zirnstein, Leipzig

[...] Es ist ja geradezu merkwürdig, daß überall in diesen Tagen über Stasi und Terrorismus gesprochen wird, aber über die mehr als schwarzen Westen bundesdeutscher Spitzenpolitiker in Vergangenheit und Gegenwart schweigt bundesweit, ja weltweit des Sängers Höflichkeit.

Herr Weizsäcker hat als freiwilliger Offizier sehr willig dem größten Verbrecher aller Zeiten gedient, hat nach dem Kriege die furchtbaren Untaten seines Vaters verteidigt und entschuldigt und die fast unglaubliche Mär vertreten, der Vater wollte im Verbleib in seinem sehr hohen Amt unter Hitler mit der schon mehr als naiven These, er wollte den Krieg verhindern beziehungsweise abschwächen, entschuldigen.

Ohne schlechtes Gewissen hat Herr Richard von Weizsäcker die Inanspruchnahme des Paragraphen 131 durch den Vater zugelasen, während bis heute NS-Opfer ohne jede Entschädigung sind. [...]

Willig unterschreibt Herr von Weizsäcker alle Gesetze, die ihm vorgelegt werden, ohne deren Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Die schallendste Ohrfeige hat er ja jetzt bei der Unterzeichnung des Wahlvertrages bekommen, den das BVG zerrissen hat. Mehr als peinlich und eigentlich Grund zum schnellen, freiwilligen Rücktritt. [...] Jürgen Floerke, Hamburg

In der tageszeitung vom 9.10.90 wird der Eindruck erweckt, Bundespräsident Richard von Weizsäcker sei an Rüstungsgeschäften beteiligt gewesen. Diese Behauptungen sind unwahr.

Herr von Weizsäcker war während seiner früheren beruflichen Tätigkeit in der Wirtschaft zu keiner Zeit mit Rüstungsgeschäften befaßt.

Er übt keine wirtschaftliche Tätigkeit aus und besitzt keine wirtschaftlichen Beteiligungen. Die Robert Bosch Stiftung GmbH hat die Förderung rein gemeinnütziger Aufgaben zum Ziele. Sie hat kein Stimmrecht und keinerlei Einfluß auf die Robert Bosch GmbH. Die Geschäftsantile vermitteln den Gesellschaftern keine Vermögenswerte; sie verpflichten vielmehr die Gesellschafter persönlich, sich für die gemeinnützigen Aufgaben der Stiftung nach Art eines Kurators treuhänderisch und ehrenamtlich einzusetzen. Seit seiner Amtsübernahme hat der Bundespräsident seine Gesellschafterbefugnissse ruhen lassen. Mit Eintritt in das 70. Lebensjahr ist er satzungsgemäß aus der Gesellschafterversammlung der Stiftung ausgeschieden. Dr.Gernot Fritz, Pressesprecher des Bundespräsidenten, Bundespräsidialamt, Bonn

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