Freispruch für Blockierer in Aussicht

Trier (taz) — Gute Aussichten für Freisprüche in den noch anstehenden Giftgas-Blockadeprozessen sieht der Organisator der Aktion „Sitzenbleiben für den Frieden“, Klaus Vack, nach einem den Angeklagten erst jetzt bekanntgewordenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.Juli 1990. Danach ist es unzulässig, die für die Verurteilung der BlockiererInnen zentrale Prüfung der „Verwerflichkeit“ abstrakt und losgelöst vom jeweiligen Einzelfall vorzunehmen. Die bloße Absicht, den Fahrzeugverkehr um ein Lager zu blockieren, reiche nicht unbedingt dafür aus, die Verwerflichkeit zu beweisen. Berücksichtigt werden müssen nach dem Urteil „maßgebliche Tatumstände“, wie etwa der zu erwartende Fahrzeugverkehr.

Vor dem Hintergrund des Urteils, das sich auf die Blockaden vor dem Pershing-Standort Mutlangen bezog, glaubt Vack, daß „zukünftige Verurteilungen wegen versuchter Nötigung wohl kaum mehr rechtlich begründbar“ seien. Zumindest für diejenigen Fischbach-Verfahren, die ausschließlich den Vorwurf der „versuchten Nötigung“ betreffen, rund 80 Fälle, werde es einen Freispruch geben müssen.

In mehreren Fällen hatte nämlich der Kommandant des Fischbacher Depots, Terell, erklärt, es habe ausreichende Ausweichmöglichkeiten für die Militärfahrzeuge gegeben, die auch benutzt worden seien. Was für den Staatsanwalt bislang unerheblich gewesen ist, erscheine vor dem Hintergrund des Karlsruher Ureils als entscheidendes Detail, ist sich Vack sicher. Eine erneute Anhörung des Kommandanten, wie sie Staatsanwalt Dexheimer beantragt hatte, wird es in den derzeit laufenden Verfahren wohl nicht geben: Terell hat keine „ladungsfähige Anschrift“: Er befindet sich im Golf-Einsatz.

Für Vack, der am Freitag vor dem Amtsgericht Pirmasens auf der Anklagebank saß, ist mit den zu erwartenden Freisprüchen auch ein politischer Erfolg der BlockiererInnen erreicht: „Die ganzen Verfahren haben gezeigt, daß der Nötigungsparagraph 240 auf Blockaden angewendet ein totales Chaos in der Rechtssprechung anrichtet.“

Dagegen habe das Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil einen wichtigen „Pfeiler eingerammt“. Von politischer Seite sollten um jeden Preis aus den FriedensblockiererInnen GewalttäterInnen gemacht werden. Eine Kriminalisierung, die Vack an ein „ganz kleines Celler Loch“ erinnert. Thomas Krumenacker