Arme Ärzte

■ betr.: "Die Polikliniken müssen bleiben", taz vom 9.10.90

betr.: „Die Polikliniken müssen bleiben“, taz vom 9.10.90

[...] Die Unterzeile sagt, daß Polikliniken genauso wirtschaftich arbeiten wie westdeutsche Krankenhäuser. Das stimmt, denn beide sind ohne Zuschüsse nicht lebensfähig. Bei den ungenügenden Erstattungssätzen der Krankenkassen, der bekannt reduzierten Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes, die hervorgerufen wird durch ein Korsett von Bestimmungen und Tarifen, geht das auch gar nicht anders. Es wird sich auch nicht ändern lassen, solange die von den Kassen gezahlten Gelder nicht ausreichen, Betriebe zu erhalten, deren Mitarbeiter nach BAT bezahlt werden müssen und nur 38 Stunden in der Woche arbeiten dürfen.

Ellis Huber aber sagt etwas ganz anderes als die taz-Überschrift. Er behauptet, Polikliniken seien genau so rentabel wie Kassenpraxen. Dies behauptet er wider besseres Wissen, denn es gibt kein einziges Beispiel dafür, daß Gesundheitseinrichtungen der öffentlichen Hand ohne Zuschüsse des Staates lebensfähig wären. Kassenpraxen vermögen deshalb rentabel zu arbeiten, weil es einem Kassenarzt nicht verboten ist, 80 und mehr Stunden in der Woche zu arbeiten und dafür weniger Geld zu bekommen, als ihm der BAT zugestehen würde. [...] Tatsache ist, daß noch nie ein Kassenarzt auf die Idee gekommen wäre, einen staatlichen Zuschuß zur Deckung seiner Defizite einzufordern, während praktisch alle öffentlichen Krankenhäuser ohne staatliche Subventionen nicht lebensfähig wären. Darüber sollte auch der Kollege Huber einmal nachdenken, anstatt durch seine Äußerungen den trügerischen Glauben zu nähren, die Polikliniken der Ex- DDR seien auf Dauer zu erhalten. Dr.med.Gangolf Seitz,

Lahntal-Goßfelden