Pappene Peinlichkeiten

■ Freimarkt-Nebenstelle: Kulissenstadt „Petit Paris“ in der Bremer Stadthalle

Auf bemaltem Pappziegeldach vor einem mit rosa-weißen Lämpchen bestückten Halbmond sitzt eine in blinkende Folie gehüllte Schaufensterpuppe. Frech hat sie die Beine angewinkelt, der metallfarbene Rock fliegt hoch. Schabbalabba steht auf einem Rosamundplakat neben der Laterne. Paris bei Nacht?

„Petit Paris, die Kulissenstadt grüßt Bremen“, erklärt ein Plakat in der Nähe des Noteingangs der Bremer Stadthalle. Also doch! Ich schaue mich um. Von der Bühne grölen die Rubettes „Sugar Baby love“.

Davor wildes Gedränge, Eltern mit Kind und Kegel, junge Pärchen, gestylt, hüpfen im Takt, schreien „Zugabe“, als die Gruppe verstummt. Einige Minuten später: Eine Teenie-Traube neben dem Bühneneingang versucht, Autogramme zu erhaschen.

Die Kulissen rundherum scheinen keinen so recht zu interessieren am Sonntagvormittag. Zum Beispiel: das „Café de la Boheme“. In Schülermanier ist es auf die großen Stellwände gemalt. Daneben ein Zeppelin. Auf die weiße Schleife, die er hinter sich herzieht, hat jemand mit zittriger Kinderhandschrift geschrieben: „Vive la France“. Dennoch, wen wundert's, Pariser Atmosphäre will sich auch bei mir nicht einstellen.

Einige Schritte weiter steht auf einer blaugrauen Häuserpappwand „Agence de Voyage“ und „Bon Voyage“. Davor sitzen, ungerührt von der allgemein herrschenden Bahnhofsstimmung, ein paar Typen und schlürfen ihr Faßbier.

In der Bar „La girafe bleue“ langweilt sich ein älterer Herr. Stur blickt er geradeaus auf die Dschungelmalereien. „Typisch Paris?“, mag er wohl denken. Wem fällt schon auf, daß über den Kulissen nackte Rohre und Kabel die Wände schmücken, daß die Pappfassaden nicht nur miserabel gemalt sind, sondern mit allem Möglichen Ähnlichkeit haben, nur nicht mit Paris.

Schließlich gibt es ja bei „LuLu“ Salat einmal à la Parisienne und einmal à la Marseille, das und vor dem Eingang der Halle der holzbemalte Eiffelturm sollten wohl genügen. Fluchtartig verlasse ich den Ort der Peinlichkeiten. bz