Gottesdienst in der Sprache Jesu

■ Priesterweihe der syrisch-orthodoxen Kirche in St. Marien, Delmenhorst

Die deutschen Christen waren in der Delmenhorster Marienkirche gestern eine Minderheit. Als Ehrengäste nahmen sie teil an einem Gottesdienst, der ihnen in Zeremonie und Sprache weitgehend fremd war: Er wurde in Aramäisch abgehalten, der Sprache, die in Vorderasien zur Zeit Jesu die Verkehrssprache war. Die syrisch-orthodoxe Kirche ist die einzige der Welt, die diese Sprache in ihrer Liturgie noch erhält.

Drei Stunden lang dauerten Eucharistiefeier und Priesterweihe. Der syrisch-orthodoxe Erzbischof für Mitteleuropa, Metropolit Yulius Yesu Cicek, war mit Mönchen und Priestern aus dem Kloster Glane in Holland angereist, um Diakon Samun Eker zum Priester zu weihen. Samun Eker stammt wie die meisten der syrisch-orthodoxen Gläubigen aus dem Turabdin in Südost-Anatolien. Von der westlichen Welt als „Aramäer“ bezeichnet, verstehen sie selbst sich in erster Linie als „Syrianis“, wörtlich übersetzt: „Christen“. Nationalität, ethnische Identität sind ihnen nebensächlich. Als verfolgte, zumeist türkische Staatsangehörige christlichen Glaubens wurden sie per Beschluß der Innenminister bisher nicht abgeschoben. Von rund 25.000 Syrianis in Deutschland leben allein 1.000 in Delmenhorst und Ganderkesee — die ersten kamen als angeworbene Gastarbeiter, die anderen ab 1979 als Flüchtlinge. In Delmenhorst haben sie eine Kirche, die Samun Eker als Nachfolger seines verstorbenen Vaters jetzt leiten wird.

Als Christen akzeptierten und integrierten die deutschen Gemeinden diese Asylanten vergleichsweise gut: Dankesworte in den Predigten von Metropolit und dem zum Priester Geweihten an die Brüder, Schwestern und Geistlichen in Delmenhorst wurden mit heftigem Beifall und Zungenschnalzen quittiert.

Für die Syrianis war die Priesterweihe ein großes Ereignis mit anschließendem Gemeindefest: Die Frauen kamen zum Teil mit wertvollen Spitzenkopftüchern, die Kinder fein herausgeputzt, die Männer in dunklen Anzügen. Von klein auf sind ihnen die Liturgien vertraut: Sie sprechen in ihrem Alltag einen aramäischen Dialekt.

Die wichtigsten Passagen der Zeremonie ließen sie den deutschen Gästen übersetzen. Einige Handzettel klärten auf über Ablauf und Symbolik: Handwaschung, Lesungen aus dem Alten Testament. Meßdiener aus dem Chor rund um den Altar (sie symbolisieren die Engel) sangen Friedensgebete. Gemeinsam mit der Gemeinde sangen die rund 30 Priester, Mönche, Diakone und Meßdiener das Vaterunser. Höhepunkt der Weihe: Bekleidung des Weihekandidaten mit den priesterlichen Gewändern, die die sieben Sakramente symbolisieren. Dabei klatschten und johlten die Syrianis begeistert Beifall. Birgitt Rambalski