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Gewimmel im Bauch der Maschine

■ Die Welt hinter dem Bühnenguckloch: „Tag der offenen Tür“ am Bremer Theater

Scharen strömten am Samstag ins frisch aufgebackene Theater am Goetheplatz und ins Schaupielhaus, um am „Tag der offenen Tür“ einmal hinter die Kulissen der Kulturstätten zu schauen. Der erste Blick durch's Schlüsselloch fiel bei den meisten dann wohl auch auf die vormittags stattfindenden öffentlichen Proben. Wahlweise waren „Don Carlos“ (Oper), „Hamlet“ (Schauspiel) oder „Macbeth“ (Tanztheater) zu sehen. Allerdings war es für die Ensembles schwierig, echte Probenatmosphäre aufkommen zu lassen, da in den Sälen ein ständiges Kommen und Gehen herrschte, Menschen hinter der Dekoration herumliefen und sich auch nicht nehmen ließen, bei schauspielerischen Fehltritten in Gelächter auszubrechen.

Daß Schauspieler allein aber noch kein Theater machen, zeigte sich bei einem Blick ins Allerheiligste — die Technik und die Werkstätten. Das Goethe-Theater präsentierte seine in langer Umbauzeit entwickelte neue Bühne, die „den Anschluß des Theaters an den internationalen Standard gewährleisten“ soll. Sonst war leider, weil Harald Stührenberg, seines Zeichens technischer Direktor, ein echt bremischer Nuschler ist, nicht viel über die Bühnentechnik zu erfahren, deren Vorführung hinterher sprach jedoch für sich.

Große Teile der über 30 Meter tiefen Bühne lassen sich zu treppenähnlichen Konstruktionen hoch-und runterfahren, Dekorationsteile bewegen sich geräuschlos per Hydraulik und Scheinwerfer erzeugen Effekte von Tageslicht bis zu Lichtvorhängen. Tricks, die durchaus die Voraussetzung für effektvolle Inszenierungen schaffen.

Wer sich selbst in Szene setzen wollte, konnte dies anschließend bei der Versteigerung von Kostümen tun. Die Theaterleute hatten ihren Fundus geplündert und verscherbelten — zum Amüsement der Umherstehenden — von berüschten Barock-Fräcken, gotischen Ballkleidern und unbeschreiblichen Phantasiekostümen alles, was je eine dramatische Figur bekleidet hatte. Viele investierten ihr Geld — wohl auch im Hinblick auf den nächsten Fasching. Wem das zu teuer war, dem blieb noch die Möglichkeit, sich — geschminkt und in Historisches gewandet — für ein Erinnerungsfoto ablichten zu lassen.

Ein Gelüst verkniff man sich an diesem Tag allerdings besser, und zwar das Essen. In beiden Häusern gab es bloß Kaffee und Kuchen, was etwas mager ist für Besucher, die das umfangreiche Programm von vormittags bis spät in die Nacht nutzen wollten. Denn das Angebot im extra aufgebauten Festzelt auf dem Goetheplatz — bestehend aus überteuerten Nouvelle-Cuisine-Portionen an Tortellini oder winzigen Fischbrötchen, dazu Sekt — ließ arg zu wünschen übrig und diente wohl mehr Prestigezwecken als seiner eigentlichen Bestimmung. Anissa Müller

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