Tel Aviv, New York, Berlin

■ Ein Festival jüdischer Künstler im Haus der Kulturen der Welt

Sie kommen aus Tel Aviv, New York und Berlin: Jüdische Musiker, Tänzer und Schauspieler treten diesen Monat im Haus der Kulturen der Welt auf. Zwischen Erinnerung und Gegenwart nennt sich das Programm, eine Mischung aus Klezmer, Tanz, Performance und Theater. Im Gegensatz zum Kulturfestival der Jüdischen Gemeinde im Juni umfaßt das Programm musikalische Spitzen aus den USA und aktuelles Theater aus Israel, das Anlaß zu politischer Auseinandersetzung gibt.

—Zum Beispiel Klezmer: Dem Haus der Kulturen der Welt ist es (im Gegensatz zur Jüdischen Gemeinde) gelungen, die New Yorker Gruppen Brave Old World und The Klezmatics zu gewinnen, zwei der besten Ensembles dieser jüdisch-osteuropäischen Musikrichtung überhaupt. The Klezmatics (Freitag, 16.11., 20 Uhr) werden »Jewish Soul aus New York City« spielen. Dagegen hat Brave Old World (Donnerstag, 15.11., 20 Uhr), wie der Klarinettist der Gruppe, Joel Rubin, erklärt, eine eher europäische Ausrichtung. »Wir wollen die traditionelle Differenz zwischen Volks- und Kunstmusik aufheben«, sagt Rubin. Die Musiker von Brave Old World arbeiten an der Erforschung der traditionellen jiddischen Musik im New Yorker »Institute for Jewish Research«. Um ihrem Publikum ihre Herkunft und Arbeitsweise zu erklären, geben sie Freitag, den 16.11. um 18 Uhr ein Gesprächskonzert. Am Samstag, den 17.11. findet abschließend um 20 Uhr Eine Reise von der Alten in die Neue Welt statt, eine Zusammenarbeit von Brave Old World, The Klezmatics und der israelischen Gruppe Sulam.

—Zum Beispiel Theater: Mit dem Stück Ephraim kehrt zur Armee zurück (Freitag, 2.11., und Samstag, 3.11., jeweils 20 Uhr) erlebt der Zuschauer kritisches israelisches Gegenwartstheater und gleichzeitig ein Stück Theatergeschichte. Die Aufführung des Stücks von Yitzhak Laor (geschrieben 1984) wurde 1988 von der israelischen Zensurbehörde untersagt, die darin einen Vergleich der israelischen Armee mit der deutschen Wehrmacht sah. Nach langem Tauziehen vor Gericht wurden dieses Jahr die allgemeinen Zensurbestimmungen für das Theater in Israel (probeweise für zwei Jahre) aufgehoben. Ephraim kehrt zur Armee zurück handelt von einem Offizier in den besetzten Gebieten im Konflikt zwischen Pflicht und Menschlichkeit. Durch die Intifada und das Blutbad auf dem Tempelberg hat das Stück eine erschreckende Aktualität bekommen. »Wir kommen her, weil wir unser Land lieben«, betont eine der Schauspielerinnen aus Tel Aviv. »Wir wollen nirgendwo anders als in Israel leben, aber wir wollen ein besseres Israel.« Das Stück wird in hebräisch mit deutscher Simultanübersetzung gespielt.

Weiterhin sind in Zusammenarbeit mit dem Selbsthilfeverein für Künstler »Bellevue · Kunst und Kultur in Tiergarten« Tanz- und Performanceveranstaltungen geplant: Heute um 21 Uhr gibt es einen Abend Wera erzählt mit der Tel Aviver Tänzerin Wera Goldmann, morgen um 20 Uhr eine Lesung mit der Tänzerin und Schauspielerin Andrea Morein, die aus ihrem autobiographischen Werk Das magische Leben der Steine vorträgt. Andrea Morein, die zum Gedenken an die Toten eine Performance Kaddish Tree · Trauerbaum (22., 23. und 25.11., jeweils 20 Uhr) inszeniert, betont, sie hätte »vor allem im Zusammenhang mit dem 9. November das Bedürfnis, etwas zu tun, um zu verhindern, daß diesem Tag ein neues Tischtuch übergestülpt wird«.

Begleitet werden die Veranstaltungen von zwei Ausstellungen mit Tanzaufnahmen von Wera Goldmann und Tatjana Orlob und mit israelischem Schmuck, die bis zum 23.11. in den Räumen von »Bellevue«, Flensburger Straße 11-13, Berlin 21 zu sehen sind. Dort findet auch die Lesung von Andrea Morein statt — alle anderen Veranstaltungen im Haus der Kulturen der Welt. Man kann gespannt sein. Ayala Goldmann