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: Westhighlander und Thüringer Brüster

■ "Du und Dein Haustier" Tierfilme im ehemaligen DDR-Fernsehen

Das Ungeheuer von Loch Ness verhält sich zur Sauregurken- zeit wie Tierfilme im Fernsehen zum Rest des Jahres: Wenn die Leute nichts mehr kapieren, gebt ihnen was mit Tieren; hatten sie das schon, dann nehmt die Religion. Denn es kann kein Zufall gewesen sein, daß am Dienstag abend auf den beiden Kanälen vom Deutschen Fernsehfunk nach Riesenrochen und Meeresschildkröten (18 Uhr), Du und Dein Haustier (19 Uhr), Die Schlangengrube (20 Uhr) und die Freuden und Leiden eines Tierfilmers (21 Uhr) ausgerechnet das Kirchenjournal lief: Weil, Jesus ist das Lamm Gottes und trägt als solches alle Sünden der Welt — auch die der Fernsehredakteure.

Der Westhighlandwhiteterrier, kurz Westie gerufen, trägt hingegen Unterwolle, darüber darf das Haupthaar nicht länger als 15 Zentimeter sein, und mit ihm beginnt die Sendung Du und Dein Haustier, zeitgleich mit dem Glücksrad auf Sat 1. Stacheliges, Gefiedertes und Kuscheliges verspricht die Moderatorin, denn neben dem Westie (kuschelig), der den Übergang vom schneidigen Jagdterrier zum selbstbewußten Familienhund ohne Probleme überstanden hat und dessem Chrysanthemenkopf das unangenehme Kläffen wesensfremd ist (doch aufgepaßt: Die Zucht macht nur den Welpen, die Züchtigung den Hund), ist in den zwanzig Minuten der Sendung noch zu sehen der Igel (stachelig) und die Taube (gefiedert).

Im Thüringischen, wo sich alle zusammen gute Nacht sagen wie die Mühle am rauschenden Bach klipp- klapp, da schnurrt, gackert und gurrt die Taube.

Über Ortskernen in Fachwerk statt Plattenbauweise ziehen heimatliche Rassen elegante Runden in slow motion, und ob des sanft-gewellten, grün-hügeligen Landes zieht es die Stimme aus dem Off hinüber ins Lyrisch-Philosophische: Die Kuh des kleinen Mannes war die Ziege und das Hobbby ein billiges: Taubentierzucht. Womit man dialektisch einwandfrei von der Basisziege zur Überflugtaube gekommen wäre und die Armut nicht nur von innen leuchtet, sondern auch auf der reinen und samtenen Farbe des Thüringer Brüsters oder im Gefieder des Thüringer Köpfes.

Doch zwischen Rassestandard (Westie) und Zuchterfolgen (Tauben) streckt die Krönung der Schöpfung, der Mensch, der erniedrigten Kreatur mit der Vitaminspritze im Anschlag die Hand aus: Ihr Name ist Igel, er hat zu wenig Gramm für den Winterschlaf und liebt das magere Fleisch, doch Milch verträgt er nicht.

Wenn man fragt, was die DDR mit in die Einheit bringen sollte, dann ist es sicherlich die Sendung Du und Dein Haustier mit all den Rasseerfolgen.

Von dort zum Glücksrad mit all den Verkaufserfolgen hin- und hergezappt, kann man in den Lücken dazwischen das Nichts rauschen hören: Und so muß die Fernsehkultur klingen. Volker Heise