EG-Agrarvorschlag für die Gatt-Runde liegt endlich vor

■ Reaktionen in Genf schwanken zwischen Aufatmen und tiefer Skepsis

Brüssel/Genf (ap/taz) — Nach vierwöchigem Streit haben sich die Agrar- und Außenhandelsminister der Europäischen Gemeinschaft am Dienstag abend endlich auf eine gemeinsame Position für die Gatt-Verhandlungen geeinigt: Die internen Agrarpreissubventionen sollen auf der Basis von 1986 bis 1996 um 30 Prozent abgebaut werden, ebenso die Exporterstattungen. Der Außenschutz der EG gegen billigere Importe soll weitgehend gewahrt bleiben. Die Bundesregierung setzte durch, daß ein großer Teil der nicht produktionsgebundenen Stützungen nicht in den Kürzungskatalog der EG-Kommission aufgenommen wird.

In Genf schwankten die ersten Reaktionen auf den Brüssler Beschluß zwischen Aufatmen und tiefer Skepsis. Im Sekretariat von Gatt-Generaldirektor Arthur Dunkel herrschte zwar eine gewisse Erleichterung darüber, daß nach dreiwöchiger Verzögerung endlich die Agrarvorschläge aller Handelsmächte auf dem Verhandlungstisch liegen. Nun müsse die EG-Position jedoch zunächst „im Detail ausgelotet“ werden, um festzustellen, ob überhaupt Verhandlungsspielräume bestehen. Vertreter der „Cairns“-Gruppe zeigten sich „sehr enttäuscht“ über das EG-Angebot. Auf besondere Ablehnung trifft bei dieser Gruppe von 14 agrarexportierenden Ländern die Absicht der EG, weiterhin Importschranken für preiswerte Agrarprodukte zu errichten. Auf eine entsprechende Regelung hatten vor allem die Agrarminister Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland gedrängt.

Die in Genf weilende Handelsbeauftragte der US-Regierung, Carla Hills, wollte den EG-Vorschlag vor einem genauen Studium zunächst nicht kommentieren. Doch auch in Washington dürfte Brüssels Absicht zur Errichtung von Importschranken auf entschiedene Ablehnung stoßen. Noch am Dienstag hatte Frau Hills daran erinnert, daß die Regierungschefs der BRD, Frankreichs, Großbritanniens und Italiens US-Präsident Bush beim „Weltwirtschaftsgipfel“ im Juli nicht nur eine Reduzierung von internen Subventionen und Exportbeihilfen, sondern auch den Abbau von Handelsschranken „persönlich versprochen“ hätten.

Mit deutlichem Verweis auf den zu diesem Zeitpunkt schon absehbaren EG-Vorschlag kritisierten Brasilien und andere „Drittwelt“staaten bei der Sitzung des Gatt-Lenkungsausschusses die Industriestaaten. Einige der wichtigsten Handelsmächte hätten es bisher an politischem Willen zu ernsthaften Verhandlungen fehlen lassen. Ihr „Sinn für Verantwortung“ entspreche nicht ihrer wirtschaftlichen Macht.

EG-Chefunterhändler Hugo Paemen gab sich hingegen optimistisch, daß die Gatt-Verhandlungen wie geplant Anfang Dezember mit einem „substantiellen Ergebnis“ abgeschlossen werden können. Andreas Zumach