ZWISCHEN DEN RILLEN VONMATTILIESKE

Als die Traveling Wilburys vor zwei Jahren ihr Erstlingswerk herausbrachten, das vollkommen zu Recht den Titel Volume One trug, beendete ich meine wohlmeinende Rezension des musikalischen Geniestreichs der angejahrten Edelbarden mit dem Satz: „Wollen wir hoffen, daß sie nicht wegsterben, bevor sie Volume Two vollendet haben.“ Zwei Tage später war Lefty Wilbury alias Roy Orbison tot. Volume Two ist nie erschienen.

Dafür aber nunmehr Volume 3, gewidmet eben jenem Lefty Wilbury, der damals in geradezu kindischem Trotz so schnöde dahinschied. Zuerst hatten die hinterbliebenen Bandmitglieder, die mittlerweile von Otis, Nelson, Lucky Wilbury und Charliet Jr. zu Spike, Muddy, Clayton und Boo Wilbury mutiert sind, noch erwogen, Lefty durch einen ähnlich gearteten Alt- Schnulzer zu ersetzen, doch dann erkannten sie in ihrer Weisheit, daß ein Roy Orbison unersetzlich ist und machten zu viert weiter. Besonders schmerzlich fehlt Lefty bei dem Stück 7 Deadly Sins, das förmlich nach dem sonoren Organ dieses ausgewiesenen Erfinders der schwarzen Sonnenbrille schreit.

Aber auch ohne ihn haben die Wilburys wieder Exzellentes vollbracht, und es wird zudem deutlich, warum die letzte Platte, die Boo Wilbury unter seinem Tarnnamen Bob Dylan veröffentlicht hat, längst nicht die Inspiration seines vorhergehenden Opus aufweist. Offensichtlich hat Boo seine ganze Energie und Kreativität in die Arbeit mit den Traveling Wilburys gesteckt.

Assistiert von Spike (George Harrison), Muddy (Tom Petty) und Clayton (Jeff Lynne) grunzt und schnurpst er so gutgelaunt ins Mikrophon, daß beim Abspielen der Platte die Lautsprecherboxen zu grinsen beginnen, sich die Luft im Raum um zwei Grad erwärmt und die Hauskatze mit allen zufällig vorbeiflanierenden Mäusen einen zünftigen Veitstanz aufs Parkett legt. Zwischen dem kraftstrotzenden Anfangsstück She's My Baby und dem abschließenden Fußzucker Wilbury Twist („Lift your other foot up, fall on your ass, get back up, put your teeth in a glass. Ain't ever bin nothin' quite like this, it's a magical thing called the Wilbury Twist“) brennen die vier ein groteskes Feuerwerk aus verbalem Nonsens und musikalischem Abenteurertum ab, das sich vor Anleihen aus Dylans Frühwerk beim Talking Blues Cool Dry Place ebensowenig scheut wie vor purem, wunderbarem Kitsch.

Der Innenumschlag liefert nach alter Tradition wieder wertvolle Spekulationen über die Herkunft der Zunft der Traveling Wilburys. Professor „Tiny“ Hampton, „führender Kopf bei der Suche nach intelligentem Leben im Rockjournalismus“, zitiert Koryphäen wie Professor „Bobby“ Sinfield, der den Namen auf die Travelling Willyburys, „volkstümliche Schmiede, die zur Zeit der Kreuzzüge auf die „Entriegelung versperrter Keuschheitsgürtel spezialisiert waren, zurückführt, Dr. Arthur Noseputty, der sie eher mit den Strangling Dingleberrys assoziiert, „was keine Gruppe ist, sondern eine Seuche“, oder den chinesischen Gelehrten Dim Sun, der sie von The Strolling Tilburys, den Lieblingsminstrels Queen Elizabeths I., ableitet.

Wie dem auch sei, den vier vitalen Burschen ist wieder ein ausgesprochen hörenswertes Werk gelungen, „dithyrambisch, antiphonetisch und kontrapunktisch“ (Tiny Hampton). Wollen wir hoffen, daß sie nicht wegsterben, bevor sie Volume 5 vollendet haben.

Traveling Wilburys, Volume Three, WEA 759926324 1

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