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18.000 Wohnungen stehen in Ost-Berlin leer

■ Die schlechte Bausubstanz im Ostteil der Stadt wird Besetzer wie Baugesellschaften auf Jahre hin anlocken

Auch im Ostteil der Stadt Berlin erinnert die heruntergekommene Bausubstanz der Miethäuser West- Besucher an Kreuzberger Fassaden von Anno 1979/80. Die Kommunalen Wohnungsverwaltungen (KWV) waren aber nicht nur mit der Instandhaltung, sondern auch mit der Verwaltung ,ihrer‘ Wohnungen überfordert, so daß sich die private Iniative bei der Wohnungssuche in Gestalt des Tausches immer mehr durchsetzte. Wo immer ein Pärchen zusammenzog, wurde die eine freiwerdende Wohnung möglichst nicht der KWV gemeldet, sondern freigehalten, um sie unter der Hand an Bekannte oder Freunde weiterzugeben. Wenn Wohnungen über längere Zeit leerstanden, waren „Besetzungen“ durchaus üblich. Die KWV verlor den Überblick. Sie gibt heute noch Vordrucke aus, mit denen die illegalen „werten Nutzer“ zwecks „Klärung eines Sachverhalts“ vorgeladen werden, um sie wenigstens im Nachhinein kennenzulernen („Das unbedingte persönliche Erscheinen ist abzusichern“).

Das politische Machtvakuum wurde schon im Herbst 1989 von Wohnungssuchenden in der DDR, aber auch aus dem nahen Kreuzberg, zur Besetzung ganzer Häuserblocks genutzt. Bei der ersten Besetzung im Oktober 1989 sicherte die KWV den Besetzern ihre Unterstützung zu und die Polizei hielt freundlich Kontakt unter dem Etikett „Sicherheitspartnerschaft“. Mit der Zunahme der Besetzungen und den beginnenden Planungen für eine Sanierung hat sich die Situation geändert. Die Wohnungsverwaltungen der Stadtbezirke werden als ordentliche GmbHs ins Handelsregister eingetragen, bleiben aber städtische Gesellschaften. Der Magistrat hat sich im Westteil der Stadt mit Geschäftsführern versorgt.

Die Sanierung kommt langsam in Gang. Allein für Ost-Berlin im 2.Halbjahr 1990 stehen 570 Millionen DM im Berliner Haushalt. Auf Jahre hinaus ist viel zu tun: 31 Prozent der Ostberliner Bausubstanz wurde vor 1918 errichtet, jedes dritte Quartier hat weder Bad noch Dusche. 18.000 Wohnungen stehen leer. K.W.

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