Sendeverbot für Noriega-Bänder

TV-Anstalt CNN verliert gerichtlichen Streit um die Knast-Telefonate des Generals  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Das „Ananasgesicht“ alias Manuel Noriega hat nun auch in den USA einen Abbau der Grundrechte bewirkt. Der Oberste Gerichtshof der USA hat der Fernsehgesellschaft CNN in einem Urteil vom Samstag mit 7 zu 2 Stimmen verboten, die von den Gefängnisbehörden aufgenommenen Gespräche des panamaischen Ex-Diktators auszustrahlen. Zur allgemeinen Überraschung und zum Entsetzen liberaler Verfassungsrechtler hat der konservativ dominierte Supreme Court damit erstmalig der Vorzensur einer Medienorganisation stattgegeben. Lag es bisher bei der Regierung, eine Vorzensur zu begründen, so scheint es nach diesem Urteil nun Aufgabe der Presse zu sein, die Publikation umstrittenen Materials rechtfertigen zu müssen. Der Fall wird nun an das Distriktgericht in Miami zurückverwiesen werden, wo der Richter nach dem Abhören der Tonbänder ein endgültiges Urteil über deren Veröffentlichung fällen muß. Das gleiche Gericht hatte Noriegas Zellengespräche zur Geheimsache erklärt, nachdem CNN am 7. November mit der Ausstrahlung der ihm zugespielten Bänder begonnen hatte. Nach dem Abhören von Noriegas Gesprächen mit seinen Anwälten, so die Verteidigung, habe der im Dezember 1989 von US-Truppen „erbeutete“ Ex-Diktator in den USA keine Aussichten mehr auf ein faires Verfahren und sei daher freizulassen. Die Gefängnisbehörden behaupten dagegen, Noriega habe wie alle Insassen des Gefängnisses in Miami dem Abhören seiner Zellengespräche schriftlich zugestimmt.

Obwohl der Antrag auf Einstellung des Verfahrens keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte, zeigt der Streit um die Bänder erneut, welche Schwierigkeiten die USA mit der Aburteilung des wegen Drogenschieberei mit kolumbianischen Kokain-Kartellen angeklagten Ex- Diktators haben. Der mehrmals verschobene Prozeß gegen Noriega soll nun Anfang nächsten Jahres beginnen. Da die USA bisher keinen Zugang zu den Auslandskonten des pockennarbigen Generals erhalten hat, wird in den nächsten Tagen darüber entschieden, ob Noriega in Zukunft nicht von — billigeren — Pflichtverteidigern vertreten werden muß.