Prozeß gegen Schiwkow

Sofia (taz/afp) — Der frühere bulgarische Staats- und Parteichef Todor Schiwkow wird sich vor einem Gericht wegen Veruntreuung und Amtsmißbrauchs verantworten müssen. Wie die Generalstaatsanwaltschaft am Dienstag abend mitteilte, wurde der 79jährige Politiker, der vor einem Jahr vom Reformflügel seiner Partei gestürzt worden war, offiziell unter Anklage gestellt. Ihm wird vorgeworfen, 26 Millionen Lewa (rund 13,5 Millionen Mark nach offiziellem Kurs) veruntreut und sein Amt mißbraucht zu haben, indem er Wohnungen und Luxuswagen privilegierten Personen zukommen ließ. Ein Termin für die Eröffnung des Prozesses soll in wenigen Tagen festgelegt werden. Schiwkow, der 35 Jahre lang die Geschicke Bulgariens gelenkt hatte, war am 10.Januar festgenommen worden und steht gegenwärtig unter Hausarrest. Wie aus dem Kommuniqué weiter hervorging, wird der engste Mitarbeiter des früheren KP-Chefs, Milko Balew, ebenfalls wegen Veruntreuung und Amtsmißbrauchs vor Gericht gestellt werden. Ferner seien Untersuchungen gegen neun ehemalige Regierungs- und Politbüromitglieder eröffnet worden, darunter der frühere Ministerpräsident Georgi Atanassow, denen die Volkswirtschaft schädigende Entscheidungen vorgeworfen werden. Gegen den früheren Vize-Ministerpräsidenten Grigor Stoitschkow werde ebenfalls ermittelt, weil er die Bevölkerung nicht ausreichend über die Gefahren der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl informiert habe. Die unabhängige bulgarische Gewerkschaft „Podkrepa“ hat für den 26. November einen politischen Generalstreik angekündigt und damit das Ultimatum der Opposition für einen Rücktritt der sozialistischen Regierung unterstützt. Der Streik soll bis zum Rücktritt von Regierungschef Andrej Lukanow dauern, kündigte der Vorsitzende der Gewerkschaft Trentschew an.