“Plumpe Anpisserei“

■ Betr.: Konferenz der Anti-AKW-Initiative vom 19.11.90

Es ist schlicht und einfach unmöglich, eine genehmigte und in Betrieb befindliche Atomanlage stillzulegen, ohne daß die Bundesregierung und die zuständigen Verwaltungsgerichte mitspielen. Vorwürfe sind also nicht an die rot-grüne Landesregierung in Hannover, sondern an Kohl und Töpfer zu richten. Ebensowenig hat die Landesregierung den Generalbetriebsplan für die Endlagerbaustelle genehmigt, sondern sie versucht gerade die Genehmigung zu versagen und streitet sich deswegen mit Töpfer herum.

Ein ähnlicher Streit läuft auch wegen Schacht-Konrad.

Die Art und Weise wie die Konferenz die rot-grüne Landesregierung angreift und die juristischen und politischen Verantwortlichkeiten verdreht, kann ich nur als plumpe Anpisserei und Fortsetzung einer langen und gezielten Diffamierungskampagne gegen grüne PolitikerInnen nach Ausgrenzungen der Grünen von Anti-Atom-Konferenzen erhoben.

Wer nicht so funktioniert, wie es einige autonome Hohlköpfe erwarten, wird mit dem Begriff „Staatsschutzlinke“ bezeichnet. Dies ist ein wörtliches Zitat aus der Zeitung: „Atom-Zeitung der Initiative gegen Atomenergie“.

Wesentliche Teile der Anti-AKW-Bewegung haben den Kampf gegen den Staat und die Verschärfung gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen als Hauptanliegen. Da kommen ihnen rot-grüne Bündnisse mit der Tendenz rationaler und zivilisierter Konfliktbewältigung in die Quere.

Das erklärt auch den Haß, mit dem gerade Realo-Grüne von diesen Leuten überschüttet werden. Statt rot-grün hätten sie lieber schwarz-braun, um das Kampfmodell Mainzerstr. flächendeckend erproben zu können, und der Staat soll als die faschistische Bestie vorgeführt werden.

Dahinein paßt auch das auf diesen Konferenzen beliebte Ritual, unter dem Stichwort: „Kriminalisierung“ auch noch den letzten Häuserkampf-Macho zum Verfolgten des IV. Reiches zu machen.

Das Niveau der politischen Auseinandersetzung ist sowohl auf diesen Konferenzen wie auch in den Rundbriefen und Zeitungen der Anti-AKW-Bewegung derart unerträglich, daß die beklagte Isolation der Initiativen, das Schmoren im eigenen Saft und der Schwund der Aktivisten nur logische Folgerungen sind.

Manfred Meier