Krieg: Die dümmste zwischenmenschliche Auseinandersetzung

■ betr.: "Wir sind alle Geiseln" von H.-E. Richter, taz vom 16.11.90

betr.: „Wir alle sind Geiseln“ von H.-E.Richter, taz vom 16.11.90

Erstens bleibt auch die Beziehung der frustrierten Soldaten in der Wüste zu ihrem von ihnen auserkorenen Sheriff verschleiert. Sie werden nun seit August immer mehr in eine ungewollte Grenzsituation gedrängt, Sie sollen ohne ihren Sheriff aber für ihn kämpfen — um was? — für sein Prestige, Öl, Macht, aus archaischer Emotion, Starrsinn... Bei Befragung einiger Frontkämpfer aus dem Zweiten Weltkrieg stand eines fest: daß die Werte, die die Politiker hinter ihrem heimischen Herd für den Krieg angaben, nicht mit denen, die im Schützengraben um ihr Leben kämpften übereinstimmten — nackt jeglicher Ideale! —; das einzige im Sinn — leben zu wollen! Den heutigen Soldaten in der Wüste wird es nicht anders ergehen. Denn der Krieg ist die dümmste, zwischenmenschliche Auseinandersetzung.

Zweitens begreife ich in dem Kurzessay von Richter nicht: „Das Bewußtsein ringt vielmehr um die Verteidigung eines Selbstideales:...“. Es muß erst eine Bewußtseinsbasis geschaffen werden. Das könnte erreicht werden, wenn über die Vergangenheit konsequent, wie an einer mathematischen Aufgabe bis zu Ende gedacht wird. Das Ergebnis: Jegliche Gewaltanwendung — außer die des Wortes — muß im Keim aufgedeckt und dagegen angegangen werden. Die Gewalt wurzelt im destruktiven Verhalten des Menschen — nicht erst im Ausbruch des Krieges.

Sich dessen bewußt sein und sich in Zukunft im Handeln danach zu richten, bedeutet die Vergangenheit bewältigt zu haben. Dann werden die Selbstideale wie Menschenrechte, Freiheit, Gleichheit und so weiter sekundär und es gilt in erster Linie das Ideal Leben. E.-Christian Ahrens, Brühl