Einmal Sekt und einmal Selters

■ Die Wahlfeten bei AL/Bündnis 90 und FDP: Sprachlosigkeit und unverhohlene Genugtuung

Mitte/Wilmersdorf. Die Alternative Liste und das Bündnis 90 hatten zur Wahlparty ins Restaurant am Alexanderplatz geladen. Die Stimmung in dem mit bunten Luftballons gefüllten Saal war denkbar schlecht. Mit betretenem Gesichtsausdruck hockten und standen die Parteienmitglieder, Freunde und Sympathisanten in dichten Trauben vor den Monitoren und kippten alkoholische Getränke in sich hinein. Die Tatsache, daß die Grünen nicht mehr im Bundestag vertreten sein werden, verschlug vielen schlichtweg die Sprache.

Den letzten Fröhlichen verging das Lachen, als die erste Hochrechnung aus Berlin über den Bildschirm flimmerte. »Jetzt bleibt uns wohl nur noch, auf Schadensbegrenzung zu machen, wenn überhaupt«, fürchtete Sibyll Klotz vom Unabhängigen Frauenverband.

Wenn an diesem Abend überhaupt noch einmal Stimmung aufkam, war es, als der Sekt ausging oder im Foyer, wo sich die »Basis« mit Parteienvertretern in kleinen Grüppchen darüber stritt, wer an dem Desaster die Hauptschuld trage. Im Saal wurden nur zu später Stunde einmal empörte Stimmen und Buhrufe laut, als Momper und Diepgen in der Berliner Fernsehrunde in Großaufnahme Sprechblasen zum besten gaben. Die meisten verdrückten sich gegen Mitternacht lieber nach Hause ins Bett. Unverhohlene Genugtuung hingegen bei einigen »Bürgern für Berlin«: Bei der Wahlparty der FDP in einem Restaurant am Hohenzollerndamm quoll den hochkarätigen Vertretern der Berliner Wirtschaft die Freude gesittet aus allen Knopflöchern. »Wir sind wieder drin!« und »Rot- Grün ist abgewählt!« — mit ersterem hatte man wohl allgemein gerechnet, zweiteres insgeheim gehofft. Mehr könne man sich nun erstmal nicht wünschen, schmunzelte Günter Rexrodt, Ex-Finanzsenator unter Diegpen zwischen 1985 und 1989. Gelüste nach Regierungsbeteiligung schob er souverän beiseite, Hauptsache, das »für wirtschaftlichen Aufschwung nötige Klima in dieser Stadt« scheint wieder gesichert.

Während die Lokalgrößen der FDP sich auf die Füße traten, um einen Blick auf ihre geliebte Spitzenkandidatin Carola von Braun zu erhaschen — und ihr um den Hals zu fallen — fanden die Wirtschaftsspitzen eher verhaltene Lobesworte für ihr Zugpferd. Sicher, die Lady habe »den Wahlkampf geschmissen« und dieses goutiere man, aber schließlich wolle man doch den Eindruck vermeiden, die neue, alte Berliner FDP habe nur ein Etikett — das sozialliberale. plu/nana