Warnt Eure Mütter!

Warnt eure Mütter - Peter ist in der Stadt

Mit dem Namen Peter verbanden einst alle Teenager der Nation den Nachnamen Kraus. Besonders das weibliche nachgewachsene Geschlecht hatte sich diesen hüftwackelnden, schmalzgetollten Gitarrenjüngling in Hirn und Herz gebrannt, schickte täglich 1000 Verehrerbriefe, kaufte vier Millionen Schallplatten und spendierte das Taschengeld für 15 zeitgemäße Jugendfilme, in denen Peter zwischen 1956 und 1961 zu bewundern war. Mit Brilliantinen-Peter lief die neuangelaufene Medienmaschine der nachkriegsdeutschen Republik wie geschmiert. 1953 übernahm der 14jährige eine Rolle in der Erich Kästner-Verfilmung "Das fliegende Klassenzimmer". Als 1956 die Rock‘n‘Roll-Welle über den Atlantik schwappte, kam Peter gerade recht, um Max Gregers Orchester beim ersten deutschen Rockkonzert in München zu unterstützen. Nie zuvor ein Mikrophon in der Hand, bot er als deutscher Elvis-Verschnitt "Heartbreak-Hotel" und "Blue Suede Shoes" als "amerikanisch inspiriertes, unartikuliertes Geplärr" (Der Spiegel). Der Schwarm bundesdeutscher Mädchen war geboren, hysterisches Gekreische, Ohnmächte und Liebestränen brauchten ab sofort nicht mehr per TV aus Amerika importiert werden. Die Medienmanager der Polydor rieben sich die Hände, sahen aber auch mit Besorgnis, daß die männlich deutsche Jugend sich von der "Heulboje" abwandte, die als lebensgroßer Bravo-Starschnitt die Tapeten ihrer Freundinnen zierte. Fix wurde Ted Herold als "wahrer" deutscher Elvis inszeniert. Peter überließ ihm das Feld der Halbstarken und ließ die "Sweet"-Welle anrollen. Während er mit "Sugar,Sugar Baby" und "Schwarze Rose Rosemarie" die Bienen umschmuste, bewarfen die Herold-Fans den Weichling mit Eiern und zerholzten in deutschen Sälen das Saalmobiliar.

Als neue PR-Idee wurde Peter in den Filmstarhimmel gehievt. Elektrola bot zum flotten Duett die 15jährige Conny Froboess feil. "Wenn der Peter mit der Conny" über die Leinwände lief, waren Muttis wilde Jahre perfekt.

Die Pilzköpfe aus Liverpool läuteten das Ende der Kraus-gestrickten-Masche im Jugendbusiness ein. Fallengelassen wie eine heiße Kartoffel überlebte er im lauwarmen Musikgewässer deutscher Fernsehprogramme die Siebziger. Gestärkt durch zwei Rollen in H.C. Blumenbergs Kinofilmen, wagte sich Peter 1989 in alte Gefilde zurück. Mit seiner "selbstironischen" Revue "Vorwärts in die Fifties" feierte er sich zum Fünfzigsten vor ausverkauften Häusern. Das 60.000 Mütter sich nicht irren können, fiel auch Peters heutigen Medienmanagern auf. Rechtzeitig zu Weihnachten schickten sie eine 320 Seiten starke Autobiographie in den Druck, die Peter Krausens Fahrt ins Glück erzählt. Gönnt euren Müttern ihre "Rocking Fifties" und schickt sie am Samstag ein Autogramm holen, das sie immer schon gern gehabt hätten.

schäf

Peter Kraus signiert am 7.12.90 in der Buchhandlung Herder, Kurfürstendamm 69 am Adenauerplatz um 14 Uhr