EG verhindert knapp Scheitern der Gatt-Runde

Erste kleine Signale, den USA und der Cairns-Gruppe entgegenzukommen  ■ Aus Brüssel Andreas Zumach

Durch das Signal, eventuell doch noch kompromißbereit in der Agrarfrage zu sein, hat die EG das für gestern mittag erwartete endgültige Scheitern der Gatt-Verhandlungen in Brüssel zunächst verhindert. Nach einer Sitzung der zwölf Wirtschaftsminister erklärten Sprecher der Europäischen Gemeinschaft, die EG- Kommission „sondiere“ bei den anderen Ländern, wie weitgehend Details des bisherigen EG-Agrarangebots geändert werden müssen, um wieder eine Basis für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zu schaffen. Erwogen wird, das „rebalancing“ — die Einführung neuer Importzölle auf Agrarprodukte von außerhalb der EG — de facto wieder aufzugeben, in dem die wichtigsten Agrarimporte der USA und der Cairns-Gruppe (Öl- und Sojasaatgut sowie alle aus Weizen hergestellten Produkte) davon ausgeklammert werden. Hinsichtlich der Reduzierung von Exportsubventionen wird in der EG erwogen, für die verschiedenen landwirtschaftlichen Produkte Mengenquoten festzulegen, bis zu denen die Ausfuhr dieser Produkte subventioniert werden darf.

Ob die neue Flexibilität der EG ausreicht, um die Verhandlungen inder Sache erfolgreich zum Abschluß zu bringen, war bis Redaktionsschluß nicht klar. Mit der Signalisierung von Kompromißbereitschaft in diesen Punkten erreichte die EG zunächst, daß die Gatt-Sitzung, auf der auf Antrag von den USA, Argentinien und Brasilien über eine Vertagung der Verhandlungen auf Januar entschieden werden sollte, von gestern mittag um 12 Uhr auf 17 Uhr verschoben wurde. Für diesen Zeitpunkt wurde mit offiziellen Reaktionen der anderen Verhandlungsstaaten gerechnet. Vertreter der Cairns-Gruppe äußerten sich allerdings gestern nachmittag eher skeptisch und sahen „nicht viel Neues“ im EG-Angebot. Vorausgegangen waren am Mittwoch abend massive Vorwürfe der EG und der deutschen Delegation an die Adresse der USA mit dem offensichtlichen Ziel, Washington die Hauptschuld für ein enventuelles Scheitern der Verhandlungen zuzuschieben.

Der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Schomerus sprach gestern versöhnlich von „für die EG erfreulichen Verhandlungsfortschritten“ in anderen Gatt-Bereichen. So hätten die „größeren Entwicklungsländer“ Konzessionen auf dem Gebiet des Schutzes von Patenten und geistigem Eigentum gemacht. Auch bei Textil sei „ein Abkommen möglich, das die Anliegen der EG vorteilhaft berücksichtigt“. Im Bereich Handel mit Dienstleistungen zeichne sich ein Ergebnis ab, „ohne daß die EG ihr nicht mögliche Zugeständnisse machen mußte“, erklärte Schomerus. Nach Informationen der taz haben die USA gegenüber der EG die Bereitschaft signalisiert, den Telekommunikationskonzernen Westeuropas die Meistbegünstigungsklausel einzuräumen. Damit zeichnen sich im Bereich Handel mit Dienstleistungen von den Entwicklungsländern befürchtete Absprachen zwischen den großen Wirtschaftsmächten ab.