: SAMSTAG COUCHPOTATO'S CHIPS & TIPSVon Harald Keller
JOHN LENNON
Als deutschsprachiger Sänger wäre der Heilige Johannes, dessen Karriere heute vor zehn Jahren ein abruptes Ende fand, mit einiger Sicherheit noch am Leben. Niemand würde einen Künstler des Erschießens wert befinden, der mit dem Timbre eines heulenden Keilriemens öffentlich und allen Ernstes Texte vorträgt wie „die Frau ist der Neger dieser Welt“. Vermutlich hätte er nicht einmal einen Plattenvertrag gekriegt für dieses Hirn und Gehör malträtierende Gejaule. Seit geraumer Zeit trage ich mich mit dem Gedanken, einen Mark-David-Chapman-Fanclub zu gründen. Wer macht mit?
(ZDF, 15.05 Uhr;
Tele 5, 18.45 Uhr)
DIE 1.000 AUGEN
DES DR. MABUSE
Nach zwei Filmen um die Figur des wahnsinnigen Erzschurken Dr. Mabuse hatte sich das Thema für Fritz Lang eigentlich erledigt. Für ein mythologisch überhöhtes, typisch deutsches Verbrechergenie gab es in Hollywood, wo der Regisseur seit 1934 lebte und arbeitete, keinen Platz. Erst in den Fünfzigern kam Lang zurück in die Bundesrepublik. Der Berliner Produzent Arthur Brauner regte eine Fortsetzung der Mabuse-Reihe an, was Lang zunächst verweigerte. Zwei Zeitungsberichte indes paßten derart kongruent in die Welt eines Dr. Mabuse, daß sich Lang schließlich doch entschloß, ihn wieder aufleben zu lassen. Die eine Meldung beschrieb eine Entwicklung der US- Army, ein Projektil, das nach Eintritt in den Körper des Opfers spurlos zerfällt. Die zweite Nachricht betraf Pläne der Nazis, ein Hotel mit umfassenden Überwachungsmöglichkeiten zu bauen. Dieses Hotel ist der Ort der Handlung von Die 1.000 Augen des Dr. Mabuse, in dem der unheimliche Regisseur des Bösen bestrebt ist, in den Besitz der Atombombe zu gelangen. Rückschauend gewinnt man den Eindruck, als habe sich die Stasi bei einigen ihrer Aktivitäten von diesem Film inspirieren lassen...(ZDF, 20.15 Uhr)
MIT DYNAMIT
UND FROMMEN SPRÜCHEN
Eine Spur zu unernst war der Film True Grit, in dem John Wayne 1969 erstmals die Rolle des einäugigen, schon ziemlich verlebten Marshalls Rooster Cogburn (was für ein Name!) spielte. Immerhin bekam Wayne dafür den längst überfälligen „Oscar“. Fünf Jahre später erlebte der trinkfeste Rüpel ein weiteres Abenteuer, das Thomas Jeier in Tateinheit mit Leslie Halliwell sehr treffend als „Mischung aus True Grit und African Queen“ beschreibt. Katherine Hepburn als bibelfeste Witwe ist in Waynes vorletztem Film dem legendären Reitersmann eine ebenbürtige Partnerin.
(RTL plus, 20.15 Uhr)
THE FABULOUS DORSEYS
Schon 1947 verstand man es, Plattenveröffentlichungen, Filme und Konzerttourneen geschäftstüchtig aufeinander abzustimmen. Die Jazzmusiker Jimmy und Tommy Dorsey waren die Stars dieses Musikfilms, in dem sie zwei verfeindete Brüder spielen, die auch beruflich, als Bandleader, rivalisieren. Erst am Grab des Vaters kommt es zur Versöhnung. Wichtiger als die banale Handlung des Films sind natürlich die zahlreichen Musiknummern. Der Titel des Films lieferte einige Jahre später das Motto für eine gemeinsame Tournee der Dorsey Brothers. Auch in anderer Hinsicht war zumindest Tommy Dorsey beispielgebend für spätere Popstargenerationen: Am 26. November 1956 erstickte er an Erbrochenem und zeigte so einem Jimi Hendrix oder Bon Scott, wie man standesgemäß die Bühne des Lebens verläßt.
(Super Channel, 21.00 Uhr)
SPUREN IM SAND
Speziell zur Weihnachtszeit wird diese Westernversion der Legende von den Heiligen Drei Königen immer wieder gern aus dem Archiv gekramt. Nicht Gold, Weihrauch und Myrre haben die drei wilden Reiter im Gepäck, sondern die Beute aus einem Banküberfall. Auf der Flucht vor ihren Verfolgern stoßen sie mitten in der Wüste auf einen Planwagen und finden darin eine hochschwangere Frau, die während der Geburt ihres Kindes stirbt. Auch der hartgesottenste Westmann hat ein weiches Herz, und so beschließen die drei Rauhbeine, den kleinen Wurm zu retten. — Beim Nacherzählen kommt mir so die Idee, daß man die Geschichte doch eigentlich mal neu verfilmen könnte, und zwar wie folgt: Drei versprengte GIs in der irakischen Wüste, auf der Flucht vor Saddam Husseins Häschern, stoßen auf einen havarierten Tank und finden darin... Na ja, und so weiter halt.
(ZDF, 23.20 Uhr)
A-Z LIVESHOW
Die Kids, die einst der ersten Sendung mit der Maus beiwohnten, sind mittlerweile längst im heiratsfähigen Alter, und die Maus gibt noch immer unermüdlich Nachhilfe für kleine Weltentdecker. Die Verantwortung lastet schwer, und darum wurde ihr eine rote Ratte beigesellt, die Wissenswertes von „A wie Adler bis Z wie Zungenkuß“ vorträgt. Vielleicht kontert das ZDF demnächst mit einer „Sendung mit der Schmeißfliege“?
(ARD, 14.40 Uhr)
TATORT
Max Palu fährt Rad, knabbert Baguettes und hat immer eine Flasche Rotwein in Reichweite. Sein Faible für die französische Lebensart ist ein charakteristisches Merkmal des Saarbrücker Tatort-Kommissars, der auch sonst in der Riege der öffentlich-rechtlichen Ermittler eine Sonderstellung einnimmt. Heute hat er, wiederum unter der Regie des bewährten Hans-Christoph Blumenberg, seinen bislang dritten Mordfall zu klären. Die von unbekannter Hand Gemeuchelte arbeitete vor ihrem unfreiwilligen Ableben für eine Telefonsex-Agentur und versorgte deren Kunden fernmündlich mit Wonnelauten der anregenden Art, hatte zudem Streit mit ihrem Freund und dito mit einer Kollegin aus dem Stöhn- und Ächzgewerbe. Eine Fülle von Motiven also, die der verbeamtete Bonvivant Palu da aufzudröseln hat. Besonders freuen wir uns auf den singenden Doppelzentner Konstantin Wecker [nur kein Neid, Herr Keller, d. s-in], der in der Rolle eines zwielichtigen Taugenichts die auf Verbalerotik versessenen Kunden seiner Schwester Jutta er- und auspreßt.(ARD, 20.15 Uhr)
ALAMO
Der dritte Film mit John Wayne an diesem Wochenende, künstlerisch unbedeutend, aber in der Biographie des Schauspielers ein wesentlicher — und wohl auch ein wunder — Punkt. Zwölf Millionen Dollar kostete das ursprünglich dreieinhalbstündige Epos, und den größten Teil zahlte der Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller: John Wayne. Denn dieser patriotische Monumentalschinken um die wackeren Männer von Fort Alamo, die lieber starben, als sich den angreifenden Mexikanern zu ergeben, war ihm, der einen typisch amerikanischen, etwas naiven Freiheitsbegriff besaß, eine Herzensangelegenheit. Das besonders in der zweiten Hälfte geradezu lächerlich pathetische Werk fand beim Publikum keinen Anklang und wurde zum finanziellen Debakel, weshalb der „Duke“ in den Folgejahren so ziemlich jedes Filmangebot akzeptierte, um den Einbruch im Familienetat wieder wettzumachen. Das ZDF zeigt die auf 155 Minuten gekürzte Kinofassung.(ZDF, 22.15 Uhr)
AFRICAN QUEEN
Filmklassiker von John Huston und zugleich ergänzendes Anschauungsmaterial zum tags zuvor von RTL ausgestrahlten Western Mit Dynamit und frommen Sprüchen. Wie sagt Herr Dittmeyer immer: „Das Kabelfernsehen ist das Programmkino unserer Tage.“ Ich kann nicht umhin, dieser Aussage eine gewisse Relevanz zuzubilligen.
(Bayern 3, 22.55 Uhr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen