Protest bespitzelt, Politiker instruiert

■ Verfassungsschützer ist stolz auf die friedliche Startbahnverlängerung des Bremer Flughafens

Nicht nur in Frankfurt und Tokio, fast überall, wo in den vergangenen zehn Jahren ein neuer Flugplatz gebaut oder auch nur eine Startbahn verlängert werden sollte, gab es heftigen Protest bis hin zu militanten Auseinandersetzungen mit Toten. In Bremen dagegen wurde der Widerstand gegen die Startbahnverlängerung auf 2.700 Meter am 22. November mit einem außergerichtlichen Vergleich zwischen Senat und klagenden Anliegern friedlich beigelegt. Lothar Jachmann, bis vor drei Monaten stellvertretender Chef des Bremer Verfassungsschutzes (VS), hat jetzt erklärt, wie es dazu kommen konnte: Der VS habe den Widerstand gegen die Startbahnverlängerung voll unter Kontrolle gehabt und Bremens Politiker instruiert, mit welcher Taktik sie den Protest am besten verhindern können.

„Wir waren beim Startbahnausbau in vielen Bereichen gefragte Berater“, erinnerte sich Jachmann jetzt auf einer Podiumsdiskussion am 27. November im Ost-Berliner 'Haus der Demokratie', „da haben wir der Politik deutlich gesagt, daß sie diese und jene Folgen in der Gesellschaft werden erwarten müssen — von Protestschreiben bis hin zu Aktionen militanter Ausprägung. Das hat mit dazu beigetragen, daß die politischen Entscheidungen dann entsprechend getroffen worden sind.“

Wichtigste Aufgabe des VS in dieser Situation: zu verhindern, daß in der Bevölkerung der Eindruck entsteht, der Bremer Startbahnbau geschehe womöglich — wie in Frankfurt — im Interesse des US-Militärs. Und das, obwohl „man sieht, daß hier natürlich auch militärische Überlegungen involviert sind“, wie Jachmann heute freimütig zugibt.

Die Bremer Politik-Beratung des Verfassungsschutzes funktionierte ausgezeichnet. Der Senat konnte sich mit seiner Versicherung, die Startbahnverlängerung diene lediglich der Flugsicherheit (1. Phase mit Verlegung der Ochtum) bzw. den Arbeitsplätzen bei MBB (2. Phase der Verlängerung um je 300 Meter auf beiden Seiten), in der Öffentlichkeit durchsetzen. Alle Indizien für eine Einbeziehung der Bremer Piste in das Nato-Konzept des „Air-Land- Battle“ oder der Planungen des Pentagon für einen schnellen Militär-Einsatz im Nahen Osten, wie sie zum Beispiel in der Broschüre „Flughafen-Ausbau = Kriegsvorbereitung“ zusammengetragen worden waren, blieben in Bremen ohne größere Wirkung auf die Startbahn-Diskussion.

Zusammengestellt hatte diese Broschüre 1982 die Neustädter Gruppe „Krieg dem Krieg“. Zu ihr gehörte auch Klaus Hoffmann, der 1984 als Spitzel der politischen Polizei entlarvt werden konnte. Doch nicht nur die autonomen GegnerInnen der Startbahnverlängerung hatte der VS im Visier. Kryno Meinken, heute zweiter Bürgermeister der Gemeinde Stuhr, erinnert sich, daß noch 1986 bei einem internen Vorbereitungstreffen einer Protestaktion der direkten Flughafen-AnwohnerInnen ein Spitzel zu Gast war. Der Mann tauchte später bei der Aktion auf Seiten der Polizei wieder auf.

Welche Rolle das Militär beim Bremer Flughafen-Ausbau tatsächlich gespielt hat, mochte Verfassungsschützer Lothar Jachmann — trotz weitgehender Fertigstellung der Pistenverlängerung und dem Ende des Kalten Krieges — noch nicht sagen. Sicher ist nur, daß weder Hardthöhe noch Pentagon sich an den rund 200 Mio Mark beteiligt haben, die die Pistenverlängerung gekostet hat. Dirk Asendorpf