Israel bastelt an Zugeständnissen

Tel Aviv will im Fall der Autonomie in der Westbank palästinensische Führungspersönlichkeiten heranziehen  ■ Aus Amman Khalil A. Rabu

Palästinensische Kreise aus der Westbank berichten, daß die israelische Regierung an einem neuen Plan für die besetzten Gebiete arbeitet, den Jizchak Schamir bei seinem Amerika-Besuch mit der dortigen Regierung diskutieren will. Der Plan konzentriert sich auf zwei Punkte:

— Die Israelis wollen sich aus dem größten Teil des Gazastreifens zurückziehen

— Autonomie für die Palästinenser in der Westbank

Mit dieser Alternative zu den UN- Beschlüssen versucht die israelische Regierung, der Einberufung einer Nahost-Konferenz zuvorzukommen. Durch das Angebot, sich aus Gaza zurückzuziehen, soll der Eindruck erweckt werden, die israelische Seite sei zu Zugeständnissen bereit. Die USA hatten Israel aufgefordert, eigene Gedanken auf den Tisch zu legen, um den sich mehrenden internationalen Forderungen nach Einberufung einer internationalen Nahost-Konferenz entgegenzusteuern.

Wie informierte palästinensische Kreise in Amman bestätigen, hat Frankreich der PLO und einigen arabischen Ländern zugesichert, daß es als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates auf der Einberufung der internationalen Nahost-Konferenz bestehen wird. „Wir setzen unser ganzes Vertrauen in die französische Position“, verlautete dieselbe Quelle und verwies darauf, daß die französische Haltung auch bei anderen westeuropäischen Staaten wie Spanien und Italien sowie der Sowjetunion, China und Japan Unterstützung findet.

„Die Israelis wollen sich des Gazastreifens entledigen und im gleichen Schachzug die Annexion der Westbank vorbereiten,“ meint Dr. Ali Jabaui, Professor an der Universität Bir Zeit. „Sie wiederholen das gleiche Spiel, das sie schon letztes Jahr mit dem Schamir-Plan gespielt haben. Damals haben sie zu einem palästinensisch-israelischen Dialog aufgerufen und zur Vorbereitung von Wahlen in der Westbank. Und dann wurde monatelang nur noch über die Zusammensetzung der palästinensischen Delegation für diesen Dialog verhandelt. Die Israelis wollten schlichtweg Zeit zur Niederwerfung der Intifada gewinnen.“

Dr. Jabaui meint, daß die Israelis auch jetzt durch langwierige Verhandlungen über die Details des Rückzuges aus Gaza Zeit gewinnen wollen. Derweil sollen Hunderttausende von sowjetischen Immigranten in der Westbank angesiedelt werden. Sei die Welt erst vor vollendete Tatsachen gestellt, würde damit der Diskussion um einen Rückzug aus der Westbank jede Grundlage entzogen. „Die israelische Regierung weiß, daß heute fast die ganze Welt eine Lösung des Palästina-Problems will“, sagt Dr. Jabaui. „Sie sind bereit, heute einen begrenzten Preis, nämlich den Rückzug aus Gaza, zu zahlen, um einen viel höheren Preis in Zukunft zu vermeiden.“

Palästinensische Kreise in der Westbank sehen einen engen Zusammenhang zwischen dem neuen Schamir-Plan und verstärkten israelisch- ägyptischen Bemühungen, palästinensische Persönlichkeiten in der Westbank zu finden, die sich mit einem Autonomiestatus anfreunden könnten. Als Belohnung wären Saudi-Arabien und andere Golfstaaten bereit, 500 Millionen Dollar für einen umfassenden Entwicklungsplan in der Westbank zur Verfügung zu stellen.

Israelis und Ägypter hoffen, angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage in der Westbank Unterstützung vor allem in Kreisen palästinensischer Geschäftsleute für diesen Plan zu gewinnen. Die ägyptische Botschaft in Tel Aviv beabsichtige gar, eine arabische Tageszeitung in Jerusalem zu finanzieren, die für diesen Plan werben soll, so heißt es.

Dieselben palästinensischen Kreise weisen auch darauf hin, daß Israel eine neue Taktik bei der Rekrutierung von zur PLO alternativen Führungspersönlichkeiten in der Westbank verfolgt. Statt sich wie früher auf Personen zu stützen, die in den Augen der Bewohner der besetzten Gebiete im Ruf standen, israelische Agenten zu sein, versucht sich Tel Aviv heute auf Personen aus Kreisen der palästinensischen Bourgeoisie und der traditionellen Familien zu stützen, die im Ruf stehen, bislang dem palästinensischen Anliegen gedient zu haben.

In diesem Zusammenhang sind auch Spekulationen zu verstehen, wonach Israel mit der Ausweisung PLO-freundlicher Palästinenser aus der Westbank auf ein Führungsvakuum abzielt, das dann mit Personen aufgefüllt werden kann, die zur Zusammenarbeit mit Israel bereit sind.