Golfkrise „warmer Segen“ für Bundesbahn

■ US-Pentagon forderte fast 600 Vollzüge zur Mobilmachung in der Bundesrepublik/ Stuttgart bereits „leergefahren“/ Deutsche Zivilisten an den Golf geschickt: 25 Techniker der Mainzer Instandsetzungsbetriebe MIP

Mainz/Heidelberg (taz) — Die Deutsche Bundesbahn (DB) stößt sich an der Golfkrise gesund. Wie US-Army und DB-Verwaltung bestätigten, hat die Bahn einen Mammutauftrag für die Mobilmachung der US-Truppen im Golfkonflikt übernommen. Das Pentagon orderte bei der DB- Hauptverwaltung rund „600 Vollzüge“. „Es ist schon makaber“, kritisierte dies ein DB-Experte, „in dieser Situation von Geld zu reden. Aber für die Bahn ist der Golfkonflikt ein warmer Segen.“

Die Bonner Bundesregierung, so der Bundesbahner, spiele dabei nur „eine logistische Rolle“. Die DB-Verwaltung, gibt der Beamte zu, sei nicht gezwungen gewesen, den US-Auftrag anzunehmen. Denn die jetzige Mobilmachung sei „alleine eine Angelegenheit der Army“ und habe mit der Nato und dem Truppenstatut nichts zu tun. Die DB hätte abwinken können. Doch mit der Summe, die der Bahnexperte nicht nennen wollte, kann sie ihr Defizit im Gütersektor sanieren. Auch aus Golfverlegungen der Britischen Rheinarmee BAOR (zwei Infanterie-, ein Panzerregiment, Deckname „Granby“) Mitte November, wußte die DB Kapital zu schlagen. Der Pressechef des Hauptquartiers der US-Army in Europa (USAREUR) in Heidelberg, James Boyle, lobte die Bahn: „Sie hat uns exzellent unterstützt.“ Bis zu 25 US-Kriegszüge der DB verkehren derzeit auf bundesdeutschen Schienen, ausschließlich nachts. Vom 14. November bis zum 3. Dezember wurden bereits 241 Vollzüge gezählt. Sie bringen außer Ketten- und Radfahrzeugen auch — laut DB „konventionelle“ — Munition in die Verladehäfen Rotterdam, Antwerpen und Bremerhaven. Die Häfen, sagt USAREUR-Sprecher Boyle, seien ausgewählt worden, weil sie nach „Reforger“-Manövern der Nato als „erprobt“ gelten. Das Verladen sei bestens eingespielt, die Verladecrew den US-Truppen aus „Reforger“-Zeiten bekannt. Die jetzige Mobilmachung indes übersteigt „Reforger“- Umfänge bei weitem. Der DB-Experte: „Die Mobilmachung entspricht 25 ,Reforger‘-Manövern.“ Bei der Mobilmachung werden Straßen nur „vereinzelt“ für Räderfahrzeuge benutzt. US-Stellen halten die Strecken geheim. Jedoch kommen vorwiegend die Nord-Süd-Autobahnen in Westdeutschland infrage. Für Transporte nach Rotterdam und Antwerpen charterte die US- Army zudem „zivile“ Binnenschiffe. Allerdings kam es bei Verladungen im Binnenhafen Mannheim und in Rotterdam zu Blockaden und Demonstrationen von PazifistInnen. Außer den US- GIs wurden inzwischen auch deutsche Zivilisten in den Golf geschickt: 25 Techniker der Mainzer Instandsetzungsbetriebe MIP. Die MIP arbeitet ausschließlich für US-Truppen, wartet deren Panzer und Gerät, stellte auch die Spezialboxen für die US-Giftgasgranaten her. Am Golf warten die MIP-Experten US-Panzer und Radfahrzeuge. MIP-Sprecher Weber verspricht: „Im Ernstfall holen wir sie so schnell wie möglich wieder raus.“ Joachim Weidemann