Zukunft der DEFA von europäischem Interesse

■ Berlinale-Chef Moritz de Hadeln appelliert: Rettet die DEFA, seid solidarisch, seid tolerant

Berlin. Für den Erhalt des DEFA- Studios in Babelsberg und anderer Filmeinrichtungen in der ehemaligen DDR hat sich Berlinale-Chef Moritz de Hadeln engagiert. »Mit der Fortsetzung einer Politik, die wie ein Bulldozer über alles hinwegrollt, was in der ehemaligen DDR bestand — selbst über Wertvolles und Erhaltenswertes —, sind die Verantwortlichen im Begriff, eines der berühmtesten und ältesten Filmstudios Europas zu liquidieren«, heißt es in einem gestern veröffentlichten Appell an die politisch Verantwortlichen.

Neben den Ateliers der Bavaria und dem Studio Hamburg sei die Existenz der DEFA durchaus gerechtfertigt. Die Zukunft der Babelsberger Filmstudios sei von europäischem Interesse: »Sie ist entscheidend für die Glaubwürdigkeit Berlins als Produktionsstätte.« Es gelte jetzt, die »Interessen einiger Spekulanten« energisch zu bekämpfen, von denen unter anderem der Vorschlag für ein Zentrum für billige Fernsehproduktionen gemacht worden sei.

Aktueller Anlaß für de Hadelns Initiative: Die Berlinale erhalte zahlreiche besorgte Anfragen in Sachen DEFA aus dem Ausland. Außerdem ist fast dem gesamten künstlerischen Personal zum Ende des Jahres gekündigt worden, denn die Belegschaft soll um fünfzig Prozent reduziert werden.

De Halden setzt sich auch für den DEFA-Dokumentarfilm ein. »Ein demokratisches Land wie Deutschland muß heute als unverzichtbares Element des eigenen Pluralismus Möglichkeiten bieten, daß auch gesellschaftlich kritische Dokumentarfilme produziert werden können, die nicht unbedingt der Meinung der Mehrheit entsprechen.« Eine solche Toleranz beweise die »Souveränität einer Nation«.

In seinem Appell erklärt sich de Hadeln solidarisch mit »denjenigen, die ideologisch verfolgt und in ihrer schöpferischen Freiheit eingeschränkt worden sind«. Gleichzeitig bittet er aber auch um Verständnis für diejenigen, die Kompromisse schließen mußten, um ihren Beruf ausüben zu können. Rachegefühle seien jetzt fehl am Platz.

Eine Bitte, die nicht weiter verwundert: Hat doch eben dasselbe Festival, dem de Hadeln vorsteht, noch im Frühjahr 1989 dem damaligen Filmminister der DDR, Horst Pehnert, einen Preis für besondere Verdienste um den osteuropäischen Film verliehen. Und das kurz nachdem Pehnert im Zusammenhang mit dem Verbot der Zeitschrift 'Sputnik‘ fünf sowjetische Glasnost-Filme in der DDR verboten hatte. Auf die vor der letzten Berlinale von seiten der taz gestellte Frage, ob es nicht schwierig sei, als Festivalleitung notgedrungen mit jemandem zu verhandeln, der jahrelang für die Filmzensur verantwortlich war, hatte de Hadeln geantwortet, Herr Pehnert sei ein Beamter, der seine Pflicht getan habe. chp