Neonazis dürfen Daten sammeln

Staatsanwaltschaft: Daten nicht illegal beschafft/ FAP sammelt alles über „Feinde des deutschen Volkes“  ■ Aus Göttingen R. Paul

Die neonazistische Freiheitliche Deutsche Arbeiter-Partei (FAP) darf weiter die Daten ihrer Gegner sammeln, ohne dabei von der Justiz behelligt zu werden. Mit der Begründung, daß kein Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen vorliege, hat die Göttinger Staatsanwaltschaft jetzt das Ermittlungsverfahren gegen den niedersächsischen FAP-Landesvorsitzenden und Multifunktionär Karl Polacek eingestellt. Ende Oktober war durch Veröffentlichungen unter anderem der Gewerkschaftszeitung 'Metall‘ und der taz bekanntgeworden, daß die rechtsradikale Organisation schon seit längerem umfassende Personalkarteien angelegt hat. In den FAP-Computern sind nach Angaben der Neonazis nicht nur die Daten ausgewiesener Antifaschisten abgespeichert, sondern auch Namen und Adressen von Journalisten, Rechtsanwälten, AusländerInnen sowie PolitikerInnen der SPD und der Grünen.

Wie Karl Polacek gegenüber Journalisten erklärte, würden sogar Fingerabdrücke und Fotos der „Feinde des deutschen Volkes“ archiviert. „Wenn diese nicht vorhanden sind, werden Phantomzeichnungen angefertigt.“ Die gesammelten Daten dienen laut Polacek der „Feindabwehr, aber auch dazu, Straftaten später entsprechend zu bestrafen“.

Nach Auffassung der Göttinger Staatsanwaltschaft hat die FAP mit ihrer Kartei nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Der Sprecher der Behörde, Hans Heimgärtner, erklärte gegenüber der taz, Polacek & Co. hätten ihre Informationen ausschließlich aus allgemein zugänglichen Quellen bezogen. Von einem Bruch des Bundesdatenschutzgesetzes könne jedoch nur dann die Rede sein, wenn die Daten illegal etwa durch das Anzapfen von Computern beschafft worden wären.

Der mehrfach vorbestrafte Polacek, der in dem Dorf Mackenrode bei Göttingen auch ein Schulungszentrum für rechtsradikale Jugendliche unterhält, muß sich gegenwärtig aber in einer anderen Sache vor Gericht verantworten: Im Juli dieses Jahres hatte der FAP-Chef eine Frau mit einer Axt angegriffen und verletzt.