■ NOCH 3302 TAGE BIS ZUM JAHR 2000
: Terror unterm Tannenbaum

Endspurt! Die letzte Woche hat begonnen. Die Schlacht in den Kaufhäusern tobt. Nur ganz naive Zeitgenossen glauben noch, daß Schenken etwas mit Spaß zu tun hat. Die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände Deutschlands hat die Gefahr erkannt und vor Schenk- Streß und unüberlegten Verschuldungen gewarnt. Wegen der unglaublichen Nachfrage in den neuen Bundesländern könne es in diesem Weihnachtsgeschäft in einigen Bereichen Engpässe geben, meinen die Verbände. Als Beispiel nannten sie Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik und Möbel. Deshalb solle sich der schenkwütige Kunde gerade in diesem Jahr nicht bis zur letzten Minute Zeit lassen. Außerdem solle sich niemand auf einen bestimmten Händler oder ein bestimmtes Gerät fixieren und die Preise in verschiedenen Geschäften vergleichen.

Mit diesen Warnungen haben die Verbraucherverbände den Konsumkrieg noch einmal richtig angeheizt. Auch ihr Hinweis, bei größeren Anschaffungen lohne es sich, bis nach dem Fest der Freude zu warten, weil dann vieles billiger sei, hilft überhaupt nichts. Im Gegenteil: Auch in diesem Jahr werden sich wieder viele Schenk-Zombies ohne Not ins Elend stürzen. Obwohl sie sich im täglichen Leben völlig normal benehmen und durchaus intelligente Menschen sind, rastet zu Weihnachten irgendetwas in ihrem Kopf aus. Sie machen Schulden, nur um ihren Verwandten und Freunden das größte, beste, teuerste Geschenk zu kaufen, das sie auftreiben können. Die Werbung von Kredithaien setzt deshalb gezielt in der Adventszeit ein. Diese finsteren Burschen wissen genau, daß etliche Menschen in der Schenkfalle sitzen und eine leichte Beute sind.

Aber auch für einige Geschenke selbst ist Weihnachten alles andere als ein fröhliches Fest. Obwohl der Tierschutzbund wie jedes Jahr vor lebenden Geschenken warnt, werden auch diesmal wieder Tausende von Katzen, Hunden oder Reptilien völlig verängstigt unterm Weihnachtsbaum hocken. Die meisten von ihnen landen nach den Feiertagen in den total überfüllten Tierasylen. Denn viele der jährlich ausgesetzten über 180.000 Hunde und doppelt so viele Katzen sowie diverse andere Tiere sind ungewollte Geschenke, derer man sich auf eine bequeme Art entledigt hat. Da es in Deutschland ebenfalls ein alter Brauch ist, vor Urlaubsantritt den vierbeinigen Hausfreund mit einem kräftigen Tritt aus der Sklaverei zu entlassen, machen diese sogenannten „Weihnachtstiere“ das Chaos in den Tierheimen komplett. Karl Wegmann