Koalition gegen Verfassungsrat

Berlin (taz) — Mit der Entscheidung der Bonner Koalitionspartner für einen gemeinsamen Verfassungsausschuß von Bundestag und Bundesrat scheint das Procedere für die anstehende Änderung des Grundgesetzes nach Artikel 5 des Einigungsvertrages weitgehend festgelegt. Die Regierungsparteien wandten sich mit ihrem Beschluß gegen eine Forderung der Opposition nach einem Verfassungsrat, in dem PolitikerInnen aus Bund und Ländern, Verfassungsexperten und VertreterInnen gesellschaftlicher Gruppen über die Revision des Grundgesetzes beraten sollten.

Der jetzt intendierte gemeinsame Ausschuß von Bundestag und Bundesrat ist ein Novum, das vom üblichen Verfahren der Grundgesetzänderung abweicht. Daraus läßt sich schließen, daß die angestrebten Änderungen weiterreichender Natur sein werden. Gerade deshalb kritisieren die BefürworterInnen eines Verfassungsrates, daß mit der Entscheidung für einen Ausschuß die Öffentlichkeit von den Verhandlungen weitgehend ausgeschlossen bleibt. SPDlern wie Oskar Lafontaine und Herta Däubler-Gmelin hatten demgegenüber in der Vergangenheit ihre Kooperationsbereitschaft bei den anstehenden Veränderungen davon abhängig gemacht, ob mit der Einrichtung eines Verfassungsrates auch eine angemessene öffentliche Beteiligung gewährleistet sei.

In der Frage der Sanktionierung des revidierten Grundgesetzes hat sich die Bonner Koalition bislang noch nicht festgelegt. Während die FDP bereits vor der Wahl eine Volksabstimmung parallel zu den Bundestagswahlen 1994 gefordert hatte, stößt dieser Vorschlag bei der Mehrheit der Union auf Ablehnung. Lediglich Innenminister Schäuble, der sächsische Ministerpräsident Biedenkopf und Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth hatten in dieser Frage Konzessionsbereitschaft signalisiert. Bei den anstehenden Grundgesetzänderungen geht es der Union unter anderem um die Möglichkeit von Bundeswehreinsätzen im Rahmen von UNO-Kontingenten sowie einem Gesetzesvorbehalt für den Asylartikel 16. Eis