piwik no script img

Keine Wurst

■ Solidaritätsfestival für das »Independent Music Magazin« Zillo

Zimbo ist kein Hamburger, sondern eine Wurstmarke. Dafür ist Zillo auch keine Zeitschrift, sondern ein Projekt. Der Unterschied ergibt sich aus dem Schuldgefühl, das jeden Nicht-Leser bzw. Soli-Betragszahler zu befallen hat. Zillo e. V. nennt sich das Winterhilfswerk für die nachgeborenen Kotelettenträger, die The Cure hinter sich gelassen haben und nun progressive Gitarrenmusik hören müssen. Mit dem Bafög-Geld dieser Menschen möchte sich das Lübecker Independent Musik-Magazin Zillo gesundstoßen.

Impertinent independant ist das Gewinsel der Blattmacher, die »im Grunde ein Fanzine« machen: »Zillo hat mittlerweile eine Auflage von 50.000, steckt aber immer noch in Anlaufschwierigkeiten und hat von daher einen hohen Schuldenberg angehäuft.« Ob die Promo-CD von Zillo — diesmal als Name einer Tonträgerfirma — mit zur drückenden Schuldenlast beigetragen hat? Dafür wurden die Probeexemplare der Zeitschrift, die womöglich wirklich etwas taugt, eingespart.

Auf dem »German Mystic Sound Sampler — Indie Classics Volume I« sind vor allem Bands zu hören, die sich zu fünf Solidaritätsauftritten in den alten Bundesländer haben vergattern lassen, unter ihnen Tommy Stumpff, ehemaliger Sänger der Düsseldorfer Band KFC. Der KFC — auch Kriminalitäts-Förderungs-Club — trat zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts durch Defätismus gegenüber den ange-bots-ten westdeutschen Fehlfarben-Hörern hervor: die in schlichte Punk- Songs eingeflochtenen Goebbels-Redeauszüge brachten der Band schnell einen Faschismusvorwurf ein, der ebenso dumpf war wie Fehlfarbens Tanzmuckerbaß.

Vor wenigen Wochen trat Bots-Produzent und Millionär Dr. Diether Dehm als Bundestagskandidat für die SPD an, während Forth-Programmierer Stumpf — gemeinsam mit der Berliner Band Wurst 707 — eine Tournee durch die neuen Bundesländer unternahm. Statt Wurst 707 sind am Vorweihnachtsabend im Ecstasy neben Stumpf Lyrna Loy, Das Ich und Kombos mit illustren Namen wie Shock Therapy, Love like Blood und Girls under Glass zu erleben.

Die herausragende Gruppe, die sich auf der Werbe-CD verewigte, wird an diesem Abend nicht zu hören sein: die in deutscher und spanischer Sprache singende Gruppe Glatze des Willens — voll synthetisch, pulsierend und peinlich. Abwarten — vielleicht ist Zillo ebenso. (ab 18 Uhr im Ecstasy) Stefan Gerhard

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen