Flüchtlingsodyssee Hessen—Halberstadt

■ Brutale Verhältnisse im Flüchtlingslager in Sachsen-Anhalt

Frankfurt/Main (taz) — Rund hundert Flüchtlinge vor allem aus dem schwarzafrikanischen Ghana, die als Asylbewerber am vergangenen Dienstag von der Unterkunft für ausländische Flüchtlinge im hessischen Schwalbach nach Halberstadt in Sachsen-Anhalt verbracht wurden, sind am Mittwoch wieder nach Hessen zurückgekehrt.

Die Afrikaner haben Halberstadt fluchtartig den Rücken gekehrt, weil es dort — auf einem Truppenübungsgelände der aufgelösten NVA — keine Heizung, keinen Strom, keine ärztliche Versorgung und keine ausreichende Nahrungsmittelversorgung gegeben habe. Mit der Bahn seien die Flüchtlinge nach Hessen zurückgekehrt, berichtete der Sprecher des hessischen Sozialministers, Uwe Berlinghoff, auf Nachfrage. In Schwalbach, so Peter Bühl, der als Wachmann in der hessischen Gemeinschaftsunterkunft arbeitet, seien die entkräfteten Flüchtlinge — „unter ihnen schwangere Frauen und kleine Kinder“ — mit der ganzen Brutalität einer an der „Kapazitätsgrenze“ arbeitenden Lagerleitung konfrontiert worden. Unterkunftsleiter Möser habe die Tore nach Rücksprache mit dem Sozialministerium schließen lassen und die Flüchtlinge aufgefordert, unverzüglich wieder nach Halberstadt zurückzukehren. Die Nacht zum Donnerstag verbrachten die Asylbewerber zum Teil in Privatwohnungen, die ein Pfarrer des diakonischen Werks vermittet hatte, zum Teil auf dem Frankfurter Hauptbahnhof in der Bahnhofsmission. Von den hundert Flüchtlingen warteten gestern noch rund achzig Personen auf Einlaß in die Gemeinschaftsunterkunft. Dreißig resignierten. Sie bestiegen einen bereitgestellten Bus mit dem Fahrziel Halberstadt.

Nach Aussage von Bühl habe einer der in Schwalbach eingesetzten Polizeibeamten dann von „südafrikanischen Verhältnissen“ geträumt: „Zwanzig Mann mit Knüppeln — und die Bande ist verschwunden.“ Dieser Beamte habe auch ein Kind im Drehkreuz am Tor zum Lager „mit Absicht eingeklemmt“. kpk