Nachgeklappt: "Komplott gegen Harry"

■ Ce film, c'est moi

Das Pressematerial zu diesem Film ist spärlich, die Rezensionen in den Zeitungen sind durchweg positiv bis überschwenglich, wenngleich meistens recht unverständlich. Denn eins ist bei Komplott gegen Harry schwer zu beschreiben: Die Geschichte.

Aber der Hergang der Handlung ist nicht einmal so wichtig, die Hauptfigur Harry (Martin Priest) braucht gar keine Story, er ist sie.

Die Kamera von Robert Young ist fast ständig auf Harry gerichtet, sie geht mit ihm mit, als wolle sie den schmächtigen Mann mit dem lapidaren Gesichtsausdruck nie wieder aus der Linse verlieren. Das ist aber gar nicht so leicht, Harry Plotnick steht ständig unter Strom, kaum mag er stillsitzen oder gar ausruhen.

Regisseur Michael Roemer, ein deutscher Emigrant aus Berlin, drehte seinen Film bereits 1968 und brachte für die damalige Zeit viele Versatzstücke verschiedener Genres zusammen.

Plot against Harry ist ein reiner Dialogfilm (Amerikanisch mit deutschen Untertiteln und vergnüglichen Formulierungen), er könnte eine Kinoarbeit der „Schwarzen Serie“ sein, und er ist eine präzise Dokumentation seiner Zeit. Runde, ausladendende Auto-Karosserien, schmale schwarze Krawatten und scheinbar in Beton gegossene BHs lassen keine Zweifel aufkommen. Roemer schwelgt in den prüden Sixties.

Harry ist ein Gangster und er ist Jude. Und weil er gerade aus dem Knast gekommen ist, ist seine Religion ausgesprochen wichtig. Denn was macht jemand, dessen Kumpels alle zur Mafia- Konkurrenz übergelaufen sind, der seine Schulden nicht eintreiben kann und ständig denkt, er sei sterbenskrank? Er hält sich an seine Mischpoke. Nicht ganz freiwillig zwar, aber der rege Harry rutscht eben pausenlos in Situationen, die er sich nicht ausgesucht hat. Warum sollte er also die schwangere Tochter seiner Ex- Ehefrau nicht bei einem Autounfall treffen?

Armer, komischer Harry. Ein knallharter Gangster will er sein, mit ultracoolen Manieren. Zwei Autotelephone besitzt er, noch mehr „Geschäftspartner“ und viel mehr Familienangehörige. Die lärmen um ihn herum, lenken ihn ab, helfen ihm auf die Beine und machen ihn sentimental. Das alles passiert schwarz-weiß in 81 extrem kurzweiligen Minuten und endet mit einem Quasi-Happy-End. Dabei glaubt er doch bis kurz vor Schluß: „Ich muß sterben, denn ich habe ein zu großes Herz.“

J.F.Sebastian

Kl. Schauburg, 18, 20, 22 Uhr