FDP in FNL für Niedrigsteuer

Potsdam (taz) — Präferenzen für den Mittelstand und ein an der Berlinförderung orientiertes Niedrigsteuergebiet sollen helfen, die wirtschaftliche Talsohle im Osten so schnell wie möglich zu durchschreiten. Darauf einigten sich die FDP- Fraktionsvorsitzenden der fünf neuen Bundesländer und Berlin während einer Konferenz in Potsdam, die gestern zu Ende ging.

Für die Steuerermäßigung soll nicht unmittelbar in den Lohn- und Einkommensteuertarif eingegriffen werden, sondern entsprechend des Berlinförderungsgesetzes für den Übergangszeitraum von acht Jahren bei steuerpflichtigem Gewinn und Einkommen ein Abschlag berechnet werden. Um die in den ostdeutschen Kommunen ansässigen kleineren und mittleren Unternehmen aus Handwerk, Handel und Industrie zu stärken, soll eine Regelung der Regierung de Maizière aufgegriffen werden, die mit dem 3. Oktober 1990 unwirksam wurde. Danach sollen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen die einheimischen Firmen auch dann den Zuschlag erhalten, wenn ihr Angebot zwei bis fünf Prozent über dem billigsten Angebot liegt. Die Handwerker im Westen Berlins, die auf Kosten des Brandenburger Umlandes fleißig boomen, wird diese Lösung die zwangsläufig auf ganz Berlin ausgedehnt werden müßte, freuen. Fürchten müssen sie allerdings, daß ihnen dadurch lukrative Aufträge in Brandenburg verloren gehen.

Weniger restriktiv, fordern die FDP-Politiker, soll die Gewerbeneuzulassung und die Eintragung von Meisterbetrieben in die Handwerksrolle vorgenommen werden. Das dichte Regelwerk der alten Bundesrepublik könnten nicht automatisch und sofort angewendet werden, Genehmigungszeiten und Planungsverfahren müßten im Interesse des Neuaufbaus im Osten zunächst verkürzt werden. Alle diese Vorschläge, auch die Präferenzregelung, müssen aber erst einmal in Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat Freunde finden. Graf Lambsdorff, der sich am Donnerstag in Potsdam die Ehre gab, hat diese Beschlüsse zur Kenntnis und mit nach Bonn genommen.

Nicht mehr anwesend war er allerdings beim zweiten einschneidenden Vorstoß seiner Parteifreunde im Osten. Diese fordern die alten Bundesländer auf, einen förderalen Solidaritätsfonds zum Erhalt von Kultur- und Bildungseinrichtungen zu gründen. Den Länderfinanzausgleich neu zu regeln sei eine langjährige Angelegenheit. Daß Studenten nach Westen abwandern und damit die Probleme nur an die dortigen Hochschulen abgewälzt würden, daß die kulturelle Infrastruktur im Osten zerstört würde — dies seien die aktuellen Problme, die kurzfristig gelöst werden müßten. Irina Grabobwski