Will kein Herrscher sein

■ Radprofi Uwe Ampler über seine Saisonziele INTERVIEW

Andreas Zellmer: Wie sieht Ihre Planung aus, nachdem „Histor- Sigma“ an Ihren alten Arbeitgeber „PDM“ sogar eine Ablöse von 300.000 Mark zahlte?

Ampler: Die großen Höhepunkte 1991 sind die Tour de France und die Weltmeisterschaft in Stuttgart. Die Klassiker im Frühjahr sind nur eine Art Test.

Wie ist Ihre Position in der Mannschaft, in der Sie an der Seite von vier Landsleuten, darunter der erfahrene Bremer Andreas Kappes, fahren?

Bei den Rundfahrten — ich fahre die Tour und die Tour de Suisse — bin ich Kapitän. Das habe ich schriftlich. Ich will aber nicht der Alleinherrscher sein. Kappes ist als Sprinter ein ganz anderer Rennfahrertyp als ich. Da wird es keine Schwierigkeiten geben. Wenn wir wie geplant 1992 ein rein deutscher Rennstall werden, kommt vielleicht Uwe Raab dazu, der jetzt bei PDM blieb.

Mannschaftskapitäne in Profiteams verdienen meistens sehr viel Geld. Als zur Debatte stand, Sie wechselten eventuell zum „Team Stuttgart“, wurde eine Summe von 500.000 Mark pro Jahr genannt. Ist die realistisch?

Ich verdiene ein bißchen weniger, aber mehr als zuletzt bei PDM.

Wie läuft derzeit Ihre Vorbereitung auf die Saison 1991?

Ich bin schon weiter als im Vorjahr um diese Zeit. Mein Kopf ist endlich frei. Ich muß mich nicht mehr um tausend Dinge kümmern und kann mich nur aufs Radfahren konzentrieren. In meinem ersten Profijahr bin ich insgesamt nur 27.000 km gefahren. Schon zu Amateurzeiten waren es fast 10.000 mehr. Meinen Saisonstart am 5. Februar in Spanien bei der Ruta del Sol will ich mit 2.000 bis 3.000 Trainingskilometern in Angriff nehmen.

Bereiten Sie sich speziell auf Ihr großes Ziel, Tour de France, vor?

Im vorigen Jahr bei meinem Debüt bin ich auf der 13. Etappe ausgestiegen und habe die Pyrenäen nicht mehr kennengelernt. Ich werde drei Wochen vor der diesjährigen Tour die Pässe mit dem Rad abfahren. In Frankreich will ich mich ganz aufs Gesamtklassement konzentrieren. Als Ziel habe ich mir einen Platz unter den ersten 15 oder zehn gesetzt. Ein Etappensieg dazu wäre schön.

Ein Grund für Ihre Aufgabe bei der letzten Tour waren Knieprobleme. Handelt es sich dabei eher um eine „psychologische Schwierigkeit“, wie Ihr ehemaliger DDR- Auswahltrainer Wolfram Lindner vermutet, oder sind Sie ernsthaft verletzt?

Ich wurde in den Niederlanden von Spezialisten eingehend untersucht. Sie fanden nichts. Aber ich hatte bei der Tour große Schmerzen. Ein blinder Therapeut, der in einem kleinen Ort im Erzgebirge zu Hause ist und mit Nadeln arbeit, ähnlich einem Akupunkteur, hat mich 14 Tage vor der letzten WM erfolgreich behandelt. Seitdem habe ich keine Probleme mehr. Viele Spitzensportler der ehemaligen DDR lassen sich von diesem Therapeuten behandeln. dpa