Wahl in Guatemala: Zwei rechte Kandidaten

■ Chancen für Newcomer aus dem Umfeld von Ex-Diktator Rios Montt/ Rückendeckung durch protestantische Sekten

Wien (ips) — Am Sonntag sind 3,2Millionen Guatemalteken aufgerufen, in einer Stichwahl über das künftige Staatsoberhaupt zu entscheiden. Sie wählen zwischen dem Verleger Jorge Carpio und dem Ingenieur Jorge Serrano, einem Mann aus dem politischen Umfeld des Ex- Diktators Rios Montt. Jorge oder Jorge — eine Wahl zwischen rechts und rechts.

Noch vier Wochen vor dem ersten Wahlgang in Guatemala am 11. November hätte man jeden ausgelacht, der für die Stichwahl am kommenden Sonntag dieses politische Duell vorausgesagt hätte, zwischen Jorge Carpio Nicolle, dem Kandidaten der Liberalen Zentrumsunion (UCN) und Jorge Serrano Elias von der rechtsgerichteten Bewegung der Solidarischen Aktion (MAS).

Während Carpios Einzug ins Finale angesichts des politischen Bankrotts seines langjährigen christdemokratischen Gegenspielers Cerezo niemanden überraschte, stieg Serrano binnen kürzester Zeit aus dem politischen Nichts zum Erfolg, der das führende Mitglied einer protestantischen Kirche selbst erstaunte: „50 Prozent hinter dem haushohen Favoriten Carpio. Die MAS, bis zur Wahl eine der vielen kleinen Splitterparteien der Rechten, kann sich nun des Andrangs von Beitrittswilligen kaum mehr erwehren.“

Jüngste Meinungsumfragen prophezeien einen Sieg Serranos, der in den letzten Wochen offenbar die Sympathien vieler Unternehmer gewinnen konnte, die bislang eher auf Carpio gesetzt hatten. Geschickt manövrierend, konnte er sich außerdem der Rückenstärkung durch andere Parteien versichern. Die einflußreichen protestantischen Sekten, denen etwa ein Drittel der Bevölkerung angehört, unterstützen ihn sowieso. Ähnlich wie Alberto Fujimori in Peru profitiert Serrano von dem Mißtrauen, das dem politischen Establishment entgegenschlägt — eine schmale Schicht, mit der Carpio trotz seiner Oppositionsrolle in den letzten Jahren identifiziert wird. Die verarmte Bevölkerung hat Angst, Carpio werde sie mit einem ultraliberalen wirtschaftlichen Schockprogramm noch ärmer machen.

In der Propaganda Serranos entfaltet dagegen das Versprechen von „Volkskrediten“ große Zugkraft. Mit diesen aus Sparguthaben gespeisten, einem breiten Publikum zugänglichen Krediten will Serrano die marode Wirtschaft des Landes wieder ankurbeln.

Obwohl sich Serrano gegenüber der Guerilla moderat gibt, gilt er als Wunschkandidat der meisten Militärs. Der Armee steht nach Ansicht Serranos „ein Anteil an der Macht zu, da die zivilen Gewalten in Guatemala noch nicht genügend entwickelt sind, um die ganze Verantwortung für die reale Macht zu übernehmen“.

Der Umgang mit der politischen Gewalt, durch die jährlich Tausende Guatemalteken umkommen, wird zu einer der Nagelproben der künftigen Regierungen werden. Rechtsextreme Todesschwadrone aus dem Dunstkreis um die Sicherheitskräfte ermorden am laufenden Band Oppositionelle, Gewerkschafter und Indiovertreter. Die Armee beherrscht, von politischen Instanzen und Justiz kaum kontrolliert, durch Einschüchterung und paramilitärische Organisationen große Gebiete des Territoriums.

Der Guerrillaverband URNG führt seinerseits einen nun schon 30 Jahre dauernden blutigen Zermürbungskrieg gegen die Armee. Konkrete Verhandlungen zwischen Staat und Rebellen sind bisher noch nicht aufgenommen worden.

Serrano und Carpio haben zwar in wohlfeiler Rhetorik ihre Bereitschaft zum Dialog unterstrichen, aber zu den Verhandlungsforderungen der Guerrilla — zum Beispiel Sozialreformen und Entmilitarisierung — nicht konkret Stellung bezogen.