Roma in Tübingen: „Sind wir denn Tiere?“

Tübingen (taz) — Nach nunmehr zwölf Tagen Kirchenasyl beginnt sich die Situation der 270 Roma, die in der Tübinger Stiftskirche Schutz vor drohender Abschiebung in ihre Herkunftsländer Jugoslawien, Rumänien und die CSFR gesucht haben, zuzuspitzen. „Sind wir denn Tiere, oder warum redet niemand mit uns?“ fragt ihr Sprecher und Vorsitzender der „Roma-Union Baden- Württemberg“, Jasar Demirov, verzweifelt. Nachdem am Donnerstag 18 Uhr das vom Kirchengemeinderat gestellte Ultimatum verstrichen war, versammelten sich auf dem Tübinger Holzmarkt an die 800 Menschen, um ihre Solidarität mit den KirchenbewohnerInnen zu bekunden. Demirov unterbreitete dem Stuttgarter Innenministerium einen letzten Vorschlag: Eine Kommission solle in die Herkunftsländer entsandt werden, um sich über das Ausmaß der Diskriminierung der Roma zu informieren. Das Innenministerium lehnt jedoch weiterhin Gespräche über einen Abschiebestopp von vier bis acht Jahren, wie ihn die Roma fordern, strikt ab. Obwohl die Kirche bisher keine Anstalten macht, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen, fürchten die Roma — nachdem das Gesundheitsamt die Kirche inspiziert haben —, daß nun auf diesem Weg ein Polizeieinsatz vorbereitet werden könnte. Verantwortlich für die in der Tat unbefriedigenden hygienischen Verhältnisse ist aber die Stadt Tübingen, die sich sogar hartnäckig weigert, einen Toilettenwagen aufzustellen. Sollte das Innenministerium bis morgen immer noch nicht reagiert haben, wollen die Männer in den Hungerstreik treten. Matthias Richter